Peter Bargfrede sammelt Unterschriften. Er ist seit über 25 Jahren in der ökologisch orientierten Bremer Erzeuger-Verbrau­cher-Genos­sen­schaft aktiv und hat vor drei Jahren das Agrarpolitische Bündnis Bremen (ABB) mit gegründet. Er fordert, dass Kitas, Schulen, Behördenkantinen und Hochschulmensen in fünf Jahren kein Fleisch mehr aus unkontrollierter Massentierhaltung anbieten – das sogenannte Billigfleisch. Außerdem sollen 25 Prozent der bei der Aufzucht der Tiere verwendeten Futtermittel aus biologischem Anbau stammen. Wir haben mit Peter Bargfrede über seine Aktion gesprochen und ihn gefragt, wie er sich die Umsetzung vorstellt.

Warum fordern Sie ein Billigfleisch-Verbot in öffentlichen Einrichtungen?

Wir haben den Bürgerantrag aus den bekannten Gründen gestellt: Tierquälerei, Schnäbelkürzen von Küken, Antibiotikaproblematik, Futtermittel. Über all dem steht die Frage: Wie ernähren wir uns? Wie werden die Lebensmittel produziert und unter welchen Bedingungen werden die Tiere gehalten.
Woher kommt das Fleisch, das derzeit in öffentlichen Einrichtungen serviert wird?

In den Kitas in Bremen ist die Verpflegung, im Vergleich zu den Schulen, Krankenhäusern, Kantinen und Mensen noch relativ gut. Das liegt daran, dass die Kitas meist eine eigene Küche haben und das Fleisch bei regionalen Händlern einkaufen. In Schulen oder Mensen ist es schwieriger, weil das Fleisch oftmals von großen Caterern geliefert wird und die Köche keinen Überblick über die Herkunft haben. Es gibt in Deutschland für Fleisch keine für den Verbraucher sichtbare Kennzeichnungspflicht, wo und wie die Tiere gehalten werden. Eine solche Pflicht fordern wir.

Artgerechte Tierhaltung ist gesetzlich nicht definiert.

Geht es Ihnen in erster Linie um die Umwelt oder um die Tiere?

In erster Linie geht es natürlich um die Tiere. Die meisten Tiere werden in Massentierhaltung, also nicht artgerecht gehalten. Die Kühe und Schweine benötigen viele Medikamente. Der andere Aspekt ist der ökologische. Der Regenwald wird vernichtet, um Futtermittel anzubauen. Gentechnisch erzeugte tierische Lebensmittel müssen ja noch nicht einmal gekennzeichnet werden. Außerdem wurde herausgefunden, dass Glyphosat, ein weltweit am meisten in der Landwirtschaft eingesetztes Pestizid, krebserregend sein kann und das Erbgut verändert. Das sind die Pestizide, die beim Anbau der Futtermittel am meisten eingesetzt werden.
Was bedeutet für Sie artgerechte Tierhaltung?

Außer im Ökolandbau ist "artgerechte Tierhaltung" gesetzlich nicht definiert. Es gibt mehrere Initiativen und Verbände, die jeweils ihre eigene Definition benutzen. Ein Vorbild für uns ist das Neuland-Projekt, das bereits 1988 unter anderem vom BUND, dem deutschen Tierschutzbund und der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) gegründet wurde. Neuland hat mit die strengsten Tierschutz-Kriterien in der Landwirtschaft. Es ermöglicht Bauern einen Ausstieg aus der Massentierhaltung. Sie müssen ihre Tiere zwar nicht ökologisch füttern, sie unterliegen jedoch strengen Haltungsbedingungen. Wir empfehlen also entweder Bio- oder oder Neuland-Fleisch zu kaufen.

Mit dem Getreide, das als Futtermittel für die Tiere benötigt wird, könnte man viele Menschen auf der Welt ernähren.

Wie haben die Menschen bisher auf ihre Initiative reagiert?

Die meisten Menschen finden unser Engagement gut und sagen: "Wenn unsere Kinder in der Schule Fleisch essen, sollen sie gutes Fleisch essen." Die Bereitschaft, uns zu unterstützen, ist groß. An uns wurde aber auch die Frage herangetragen, ob das Ganze nicht zu teuer werde. Was diese Bedenken angeht, kann ich nur auf das "Aktionsbündnis artgerechtes München" hinweisen, die das Gleiche fordern wie wir. Das Bündnis hat ein Gutachten erstellt und herausgefunden, dass das Fleisch nur 10 Prozent teurer ist, wenn es ökologisch hergestellt wird.

Wäre es nicht besser, wenn wir alle weniger Fleisch essen würden?

Der Fleischkonsum nimmt global leider zu. Mit dem Getreide, das als Futtermittel für die Tiere benötigt wird, könnte man viele Menschen auf der Welt ernähren. Das Tierfutter stammt überwiegend aus Soja, Mais und Weizen. Warum nicht die Getreideprodukte direkt an die Menschen abgeben, die sie dringend benötigen? Das wird eine wichtige Herausforderung für unsere Gesellschaft sein, künftig Fleisch aus artgerechter Tierhaltung zu konsumieren, den eigenen Fleischkonsum zu überdenken und globale Verantwortung zu übernehmen.
Was können Menschen tun, um Ihr Projekt zu unterstützen?

Bürger können mit Hilfe unseres Bürgerantrages direkt Einfluss auf parlamentarische Entscheidungen nehmen. Insgesamt benötigen wir 4000 Stimmen. Vor einer Woche hatten wir bereits 1400 Unterschriften zusammen.
Wie ernähren Sie sich privat?

Ich selbst esse maximal einmal in der Woche Fleisch und achte darauf, wo das Fleisch herkommt. Wie hat man früher so schön gesagt: Ein Sonntagsbraten – das reicht völlig!

Was denkt ihr über Massentierhaltung und Billigfleisch in öffentlichen Einrichtungen? Meint ihr, die Forderung des Bremer Bündnisses ließe sich umsetzen?