Die Bundestagswahl ist inzwischen schon wieder fast drei Wochen her. Seitdem hat die SPD beschlossen, in die Opposition zu gehen. FDP und die Grünen sind darüber nur so semiglücklich, denn die Sozialdemokrat*innen haben ihnen damit die Aufgabe übergeben, mit CDU und CSU eine Regierung zu bilden. Die offiziellen Jamaika-Sondierungsgespräche starten am 18. Oktober.

FDP, die Grünen und Union sind keine natürlichen Koalitionspartner. Die Grünen sich deutlich linker als die anderen beiden. Erst vergangene Woche beschlossen CDU und CSU, bei den Verhandlungen auf eine Art Obergrenze für Geflüchtete zu bestehen – ein No-Go für die Grünen. Die Koalitionsverhandlungen könnten sich also ziehen. Aber was bedeutet das für die kommenden Monate? Wer regiert Deutschland, bis die neue Regierung gebildet ist? Und was passiert, wenn sich FDP, die Grünen und Union nicht einigen?

Hier die wichtigsten Fragen im Überblick:

Gibt es eine Frist, bis wann die neue Regierung gebildet sein muss?

Nein. FDP, die Grünen und Union können theoretisch bis nächstes Jahr Weihnachten miteinander quatschen. Oder noch länger. Theoretisch zumindest. Die längsten Koalitionsverhandlungen gingen 73 Tage lang. Das war im Jahr 1976, als SPD und FDP sich nach siebenjähriger Zusammenarbeit unter Helmut Schmidt erneut zusammenraufen mussten.

Was machen die Bundestagsabgeordneten bis dahin? Däumchen drehen?

Nee. Spätestens 30 Tage nach der Bundestagswahl tritt der neue, 19. Deutsche Bundestag zusammen. Das schreibt das Grundgesetz in Artikel 39 vor. Diese Sitzung wird "konstituierende Sitzung" genannt. Der noch amtierende Bundestagspräsident Norbert Lammert reizt diesen 30-Tage-Rahmen voll aus. Er hat die erste Sitzung für den 24. Oktober 2017 einberufen.

Wer regiert Deutschland bis zur ersten Sitzung des neuen Bundestags?

Bis zu dieser ersten Sitzung dauert die vorhergehende 18. Wahlperiode. Das heißt, die Abgeordneten behalten bis dahin ihr Mandat und auch die amtierende Bundesregierung arbeitet weiter. Mit dem erstmaligen Zusammentreten des neugewählten Bundestages endet dann offiziell das Amt der Kanzlerin. Das legt Artikel 69 des Grundgesetzes fest. Es wäre dann an diesem neuen Bundestag, eine*n neue*n Kanzler*in auf Vorschlag des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier zu wählen. 

Wer regiert, wenn in der ersten Sitzung des Bundestags noch kein*e neue*r Kanzler*in gewählt wird?

Da die Koalitionsgespräche bis zur ersten Sitzung vermutlich noch nicht abgeschlossen sein werden, wird die Kanzlerin geschäftsführend im Amt bleiben. Auch die anderen Mitglieder der alten Regierung werden die Geschäfte weiterführen. Bedeutet: Die künftigen politischen Gegner SPD und Union werden bis zur Bildung einer neuen Regierung weiter regieren.

Es ist aber möglich, dass Posten innerhalb der alten Regierung neu besetzt werden. Bisher ist beispielsweise Andrea Nahles von ihrem Posten als Arbeitsministerin entlassen worden. Sie wird künftig den Fraktionsvorsitz der SPD übernehmen.

Können die einfach alles weitermachen wie bisher?

Theoretisch ja. Es ist allerdings gängige Staatspraxis, keine weitreichenden Entscheidungen zu treffen, die eine nachfolgende Bundesregierung binden würden. Das betrifft unter anderem folgenreiche finanzielle oder personelle Entscheidungen, aber auch die Verabschiedung von Gesetzentwürfen selbst. Bedeutet: Wir haben zwar eine Übergangsregierung, die wird aber mehr verwalten als entscheiden.

Was passiert, wenn keine neue Regierung zustande kommt?

Theoretisch würde die alte Regierung im Amt bleiben. Merkel könnte aber auch eine Minderheitsregierung anstreben. Normalerweise hat eine Regierung die Mehrheit im Parlament und bekommt via Fraktionszwang alle Gesetze beschlossen. In einer Minderheitsregierung müsste sich Merkel als Regierungschefin für jedes Gesetz, über das im Bundestag abgestimmt wird, eine Mehrheit bei den anderen Parteien zusammensuchen. Sie wäre darauf angewiesen, dass andere Parteien mit der Union kooperieren.

Es gilt aber als unwahrscheinlich, dass es soweit kommen wird. Eine Minderheitsregierung ist sehr fragil und kann dazu führen, dass das Parlament gelähmt wird und nichts mehr entschieden wird. Wahrscheinlicher ist, dass für den Fall, dass keine Regierung zustande kommt, Steinmeier Neuwahlen ansetzen wird.