Johanna macht sich aber oft Sorgen um Deutschlands Zukunft."

Es könnte alles so schön sein, doch "Johanna macht sich [...] oft Sorgen um Deutschlands Zukunft", ihrem Mann Frank geht es nicht anders. Sie seien beide mit vielen politischen Themen nicht einverstanden, so zum Beispiel der Renten- oder der Arbeitsmarktpolitik. Die beiden würden sich ja gerne einbringen, möchten aber nicht unbedingt in eine Partei eintreten. Da weiß das Erklärvideo auch gleich eine Lösung: "Dafür gibt es jetzt das Bürgerforum Die Blaue Wende". Die laute, poppige Hintergrundmusik des Videos verstummt und Frauke Petry tritt nun vor die rund 70 Anwesenden. Die Veranstaltung beginnt.

Einrichtung eines Bürgerforums

Am Wochenende hat die AfD-Abtrünnige und momentan fraktionslos im Bundestag sitzende Frauke Petry den Fahrplan für ihre neugegründete Blaue Partei vorgestellt. Ihr Plan, die politische Landschaft in Deutschland um die blaue Partei zu erweitern, umfasst nicht nur die Partei an sich. Mit der blauen Wende hat sie eine Art Bürgerforum ins Leben gerufen, welche Ideen sammeln soll. Diese können dann von der neu gegründeten Blauen Partei umgesetzt werden – so ist zumindest der Plan. Das Bürgerforum soll auch für Nicht-Parteimitglieder und Mitglieder anderer Parteien offen stehen.

Doch die Plattform soll nicht nur Meinungsaustausch ermöglichen und fördern. Mithilfe der blauen Wende möchte sich die Partei die Menschen, welche der blauen Partei beitreten möchten, zunächst einmal genauer angucken. Frauke Petry selbst bezeichnet das Bürgerforum in einem Interview mit der Freien Presse als Firewall, um diejenigen, die man inhaltlich nicht einschätzen könne, nicht direkt in die Partei aufzunehmen.

Die Zielsetzung der Blauen

Wie diese blaue Wende womöglich aussehen könnte, verrät das, was unter der sogenannten Programmatik zu lesen ist und in einigen Punkten sehr an den politischen Fahrplan der AfD erinnert.

So sei, um nur ein paar Beispiele zu nennen, Anpassung die Aufgabe des Einwanderers und nicht die der Gesellschaft. Man ist auch überzeugt, dass eine weitere Einwanderung in die Sozialsysteme den sozialen Frieden in unserem Land bedrohe und lehne auch die doppelte Staatsbürgerschaft ab, da diese ein Integrationshindernis sei. Des Weiteren wolle man den öffentlich-rechtlichen Rundfunk "in einen freiwilligen Bürgerrundfunk [...] transformieren" und den Mindestlohn überwinden, da er Folge einer verfehlten Sozialpolitik sei.

Außerdem lehne man eine sogenannte Genderideologie ab, da diese unwissenschaftlich sei, und lehne eine "damit verbundene Frühsexualisierung" als altersunangemessen ab. Gleichzeitig wolle man die Senkung der Zahl der Schwangerschaftsabbrüche zur Aufgabe des Staates machen und Betroffenen "jedwede Hilfe zukommen zu lassen". Man halte umfassende Grenzkontrollen an deutschen Außengrenzen für unerlässlich, wolle sogenannte ausländische Gefährder und Straftäter ausnahmslos abschieben und das Strafmündigkeitsalter den "aktuellen Bedürfnissen" anpassen.

Petry legt Wert darauf, dass sich die neugegründete Partei von der AfD abgrenze. Sie erklärte Zeit Online, dass die blaue Partei beispielsweise gegen eine einseitige Hinwendung nach Russland sei. Außerdem bekenne man sich im Gegensatz zur AfD klar zu Israel und befürworte das Freihandelsabkommen.

Nächste Schritte

Wie es mit der blauen Partei weitergeht, bleibt unklar. Man ließ offen, ob die Blauen bei der Landtagswahl in Hessen 2018 auf den Wahlzetteln stehen werden, will aber in zwei Jahren in Sachsen dabei sein. Petrys Ehemann Marcus Pretzell, der sich auch für die blaue Partei engagiert, erklärt: "Ich glaube sagen zu können, dass der Name Petry in Sachsen noch eine ganz andere Strahlkraft hat, als er es außerhalb Sachsens hat." Dem Tagesspiegel gegenüber gibt Frauke Petry zu verstehen, dass man definitiv eine Regierungsbeteiligung anstrebe: "Das wäre ja mit der AfD gar nicht möglich gewesen, weil mit der keiner koalieren will."

Blau, blau, blau sind alle meine Farben?

Nicht nur die Parteifarbe, auch die inhaltliche Ausrichtung der Blauen erinnert an die Partei, die Petry einst groß gemacht hatte. Es ist fraglich, wie sehr ein offener Dialog zu inhaltlichen Unterschieden führen soll, da sich das Bürgerforum ja hauptsächlich an Konservative, Liberale und – wie es auf der Website der Partei heißt – Gleichgesinnte richtet und ihnen den Austausch ermöglichen möchte. Schmort man dann nicht doch im eigenen Saft? Ist ein offener Austausch von Meinungen und Ideen wirklich gewünscht? Oder sind die Blauen eine alte Partei in neuem Gewand?