Während es in Deutschland schon lange einen Wahl-O-Maten gibt, hat Frankreich erst seit Kurzem ein entsprechendes Online-Tool. Hier könnt ihr die deutschsprachige Version ausprobieren.

Es sind noch vier Tage bis zum ersten Wahlgang in Frankreich und laut jüngsten Umfragen sind noch ein Viertel der Wähler*innen unentschlossen. Für die Kurzentschlossenen kommt der französische Wahl-O-Mat gerade zum richtigen Zeitpunkt. "Wem stehst du am nächsten?", fragt die Voting Advice Application Vote & Vous, an der Benjamin Kurc, 29, in den vergangenen Monaten mit seinem Team auf Hochtouren gearbeitet hat.

Im Winter hatte er 30 junge Leute zusammengetrommelt; gemeinsam diskutierten sie die wichtigsten Wahlkampfthemen auf 30 Thesen runter. Und elf Kandidat*innen haben sie beantwortet.

Soll Frankreich die Europäische Union verlassen?

Ja. Nein. Gleichgültig. Das ist eine der 30 Fragen beziehungsweise Aussagen der Wahlmaschine. Innerhalb weniger Minuten kann man sich durch das Online-Tool klicken. Am Ende spuckt es aus, zu welchem Prozentsatz man mit den Kandidat*innen übereinstimmt. Eine Übersicht zeigt zusätzlich, wie sich die Kandidat*innen zu den Fragen positionierten.

In Deutschland gibt es den elektronischen Wahlhelfer schon seit 2002. Über 13 Millionen Mal wurde der sogenannte Wahl-O-Mat von der Bundeszentrale für politische Bildung bei den Bundestagswahlen vor vier Jahren durchgespielt. In Frankreich ist der Online-Wahlhelfer noch Neuland. "Die Idee für die französische Version ist übrigens in einem Berliner Café entstanden", berichtet Benjamin, der zu dem Zeitpunkt gerade ein Praktikum im Bundestag machte. Mit Freund*innen besuchte er die Bundeszentrale für politische Bildung und da stießen sie auf den deutschen Online-Wahlhelfer. "Wir wurden gefragt, ob es so ein Ding auch in Frankreich gibt, und dann haben wir lange gesucht – die Antwort war schließlich: Nein", erzählt Benjamin.

"So etwas gibt es in Frankreich nicht – dann übernehmen wir das!"

Das war vor den Europawahlen 2014, als die Fünf entschieden: "Wir machen unser eigenes Tool." Daraufhin gründeten sie den Verein Vote & Vous, was auf Deutsch so viel heißt wie "die Wahl und ihr" beziehungsweise "Wählt ihr?". Sie schafften es tatsächlich, das Tool noch zu den Europawahlen anzubieten. Dank Partnerschaften mit großen französischen Zeitungen wie etwa Le Monde, dem deutsch-französischen Fernsehsender Arte oder dem parlamentarischen Fernsehsender Public Sénat ging das Teil durch die Decke.

Benjamin erklärt sich den Erfolg damit, dass es in Frankreich kaum Angebote zu politischer Bildung gibt: "Die Nachfrage war so groß, dass für uns klar war: Wir müssen unsere Arbeit fortführen und dieses Tool bei jeglicher Wahl anbieten." Ihm gehe es darum, dass sich die Menschen für die Wahl interessieren und ihr Misstrauen gegenüber der Politik ablegen.

"Für die Franzosen ist Politik ein Unwort, es ist Parteipolitik."

Das Misstrauen gegenüber den Parteien sitze tief in der französischen Gesellschaft. Dabei gehe es gerade bei dieser Wahl um die grundlegenden Fragen des 21. Jahrhunderts und um das Miteinander in der französischen Gesellschaft, so Benjamin. "Diese Fragen sind vor allem für unsere Generation relevant", sagt er.

Am Sonntag wird sich entscheiden, wer in die letzte Runde der Präsidentschaftswahlen einzieht. Wie auch in den Umfragen prognostiziert, geht Benjamin davon aus, dass es Marine Le Pen vom rechtsextremen Front National in den zweiten Wahlgang schaffen wird. Er glaubt trotzdem nicht daran, dass sie die Stichwahl gewinnt. Was ihm mehr Sorgen bereitet, sind die Parlamentswahlen im Juni. "Was, wenn das Parlament plötzlich voller Abgeordneter des Front National ist?", fragt Benjamin. "Auch wenn Marine Le Pen nicht Präsidentin wird, die Spannungen in der französischen Gesellschaft werden sich dadurch nicht einfach auflösen. Und gerade deswegen ist die politische Bildung umso wichtiger."
Hier kannst du den Wahl-O-Maten ausprobieren: