Eigentlich wollte Fotograf und Filmproduzent John Thackwray bloß ein wenig über fremde Kulturen und fremden Lifestyle erfahren – eine Idee, mit der es ihn um die ganze Welt verschlug. Ziel war es, in jedem Land 40 bis 60 der Einwohner*innen zwischen 18 und 30 Jahren zu fotografieren und interviewen und dabei möglichst inklusiv vorzugehen. Also, die eine Hälfte Männer, die andere Hälfte Frauen, Menschen aus ärmlichen Verhältnissen ebenso wie gut situierte, Leute mit modernen und traditionellen Lebensweisen, Landbevölkerung und Stadtmenschen.

Das My Room-Projekt dauerte bis zur Fertigstellung insgesamt sechs Jahre – von 2010 bis 2016 – und am Ende porträtierte Thackwray das Leben von insgesamt 1.200 jungen Personen aus 55 Ländern. "Die Welt dreht sich so schnell. Ich dachte, es sei wichtig, den Lifestyle meiner Generation festzuhalten. Ich bin davon überzeugt, dass die Fotos in der Zukunft richtig kostbar sein werden", sagt Thackwray.

Auf der Suche nach Menschen und Räumen

An die Menschen rangekommen ist Thackwray auf unterschiedlichen Wegen. Oft nutzte er soziale Netzwerke oder arbeitete mit lokalen NGOs zusammen. Selten fragte er auch spontan Leute auf der Straße, ob sie Lust hätten. Die Leute zum Mitmachen zu überreden hätte die meiste Zeit beansprucht. "Im Vergleich zum Fotoshooting waren das sicher 95 Prozent der Zeit", erzählt er. Die Zimmer sollten die Teilnehmer*innen so gestalten wie sie wollten. Ob sie etwas prominent in den Vordergrund stellten oder doch lieber versteckten, blieb ihnen überlassen. Es sei ihre Wahl gewesen, er hätte sich da nicht eingemischt. Manchmal hätten sie ihn gebeten, ihm ein paar Minuten Zeit zu geben, um aufzuräumen. Anderen wiederum wäre es völlig egal gewesen.

Was nicht auf den Fotos zu sehen ist, sind die vielen Menschen hinter der Kamera. Ehemänner oder Eltern, Freund*innen, Geschwister oder Kinder. Es wäre nicht unüblich gewesen, dass mehr als zehn Leute hinter Thackwray und seiner Kamera gestanden und neugierig zugeguckt hätten.

Mehr als nur Bilder

Dabei hat jedes Foto seine ganz eigene Geschichte. Und diese zusätzlichen Informationen machten die eigentliche Stärke der Bilder aus, sagt Thackwray. Zum Beispiel ein Porträt eines jungen Syrers, der in einem libanesischen Flüchtlingscamp lebt und davon erzählt, wie er im Krieg einfach alles verloren hat. Genauso wie ein junger Mann aus Ruanda, der den Genozid von 1994 im eigenen Land überlebte. Oder ein Häftling in Nordmexiko, der davon redet, wie sehr er sich ein normales Leben wünscht.

"Ich war außerdem sehr beeindruckt von der Spiritualität Indiens, der Gastfreundschaft Russlands und davon, wie verrückt Japan ist", berichtet Thackwray von seiner langen Reise.

Barrieren überwinden

Die kulturellen Unterschiede waren allerdings nicht nur faszinierend, sondern stellten bei der Organisation der Fotoshootings auch ein Hindernis dar. "Die Kommunikation mit den Teilnehmern war teilweise sehr frustrierend. Es gibt so viele Sprachen auf unserem Planeten, das machte die Realisierung des Projekts wirklich schwer", erzählt der Fotograf. Deswegen war Thackwrays erster Schritt in jeder neuen Stadt, jemanden zu finden, der*die sowohl Englisch als auch die jeweilige Amtssprache sprach und Zeit hatte, ihm bei der Organisation zu helfen.

Was Thackwray am meisten überrascht hat: Wie vernetzt seine Generation überall auf der Welt sei. "Klar gibt es sehr ähnliche Schlafzimmer auf der Welt, aber was die meisten davon gemeinsam hatten, war der Zugang zu Internet. Junge Frauen aus Saudi-Arabien hatten genauso Internetzugriff wie Landwirte im afrikanischen Buschland. Das ist definitiv die Generation der Vernetzung", sagt er. Und genau das erlaubt ihm auch, mit den meisten seiner Protagonist*innen bis heute in Kontakt zu bleiben.

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