15.000 Interviews analysierten die Wissenschaftler Satoshi Kanazawa und Norman Li für einen Artikel im "British Journal of Psychology" – geführt mit 

Erwachsenen im Alter zwischen 18 und 29 Jahren. Heraus kam Erstaunliches: 

Je mehr Zeit die intelligentesten Teilnehmer der Studie mit ihren Freunden verbrachten, desto weniger glücklich seien sie in ihrem sozialen Umfeld gewesen. 

Als überdurchschnittlich intelligent schätzten die Forscher jeden Probanden ein, der einen IQ von über 116 hatte. Als durchschnittlich gelten Werte von 90 bis 109. Auf einer Skala von 1-5 beschrieben die Teilnehmer ihre aktuelle Zufriedenheit.

Den durchschnittlich und unterdurchschnittlich intelligenten Menschen ging's dabei besser: Je mehr Zeit sie mit ihren Freunden und ihrer Familie hatten, desto eher gaben sie an, glücklich zu sein. 

Doch: Warum sind gerade die Hochintelligenten unglücklicher mit ihren Freunden? 

Unser Gehirn funktioniert noch wie in der Steinzeit

Kanazawa und Li haben eine Vermutung: Schon 2004 stellte Kanazawa in einem Aufsatz die These auf, dass unser Gehirn eigentlich noch aus der Frühzeit stammt. Er geht davon aus, dass das Gehirn des Menschen eine Reaktion auf die Herausforderungen der Frühzeit ist, gut geeignet eben für die Jäger und Sammler in der Savanne. Seitdem, so der Psychologe, habe sich das Gehirn aber nicht mehr weiterentwickelt.

Ergo: Von der modernen Welt ist das Gehirn schnell mal überfordert. Das ist die Kernthese von Kanazawas "Savannen-Prinzip".

Sogar für so banale moderne Tätigkeiten wie das Computerspielen oder Autofahren sind unsere Gehirne eigentlich gar nicht gemacht: Zu komplex, zu anstrengend. Mit Mühe schaffe es der Mensch aber trotzdem irgendwie, meint Kanazawa.

Die eigenen Freunde sind für unsere Gehirne keine große Herausforderung

An dieser Stelle kommen die Hochintelligenten ins Spiel. Kanazawa und Li gehen davon aus, dass die überdurchschnittlich Intelligenten die Hektik und Aufregung des 21. Jahrhunderts besser verkraften können als ihre weniger intelligenten Freunde.

Zeit mit Freunden verbringen, einfach chillen und rumalbern - diese Erfahrungen kannten schon unsere Vorfahren. Deshalb können unsere Gehirne in diesen Situationen auch ganz entspannt arbeiten. Dabei ist kaum einer überfordert, auch nicht die vermeintlich weniger Intelligenten, vermuten Kanazawa und Li.

Die beiden Forscher sind sicher: Die Hochintelligenten würden sich dafür in genau diesen "einfachen" Situationen schnell mal unterfordert fühlen, sie würden sich langweilen, lieber mit den Komplexitäten des Alltags kämpfen.

Ein kontroverses Ergebnis von einem kontroversen Forscher

Freundschaft, das ist eher etwas für die weniger Intelligenten unter uns. Kein Wunder, dass der Tenor der Studie für Aufsehen sorgte. Interessant ist das Ergebnis bestimmt – man sollte es aber auch mit Vorsicht genießen.

Das liegt zum einen am Studien-Autor selber. Satoshi Kanazawas Arbeit ist in der Evolutionspsychologie schon länger hochumstritten –2011 schrieb er einen irrwitzigen Blog-Post über einen angeblichen Zusammenhang zwischen der Attraktivität von Frauen und ihrer Herkunft, und wurde danach von mehreren Fachzeitschriften gefeuert.

Klar ist aber auch: Im "British Journal of Psychology" wären Kanazawa und Li diesmal nicht veröffentlicht worden, hätten sie unsauber gearbeitet. Das Fachmagazin ist bekannt für seine hohen wissenschaftlichen Standards.

Aus dieser Studie lässt sich nicht ableiten, dass Leute, die in ihrem Freundeskreis viel Spaß haben, weniger intelligent sind! Feststellen konnten die Forscher nur: Hochintelligente Menschen sind nicht so glücklich in ihrem Freundeskreis wie weniger intelligente.

Woran das aber genau liegt, bleibt offen. Theorien gibt es viele: Vielleicht haben die hochintelligenten Menschen ja auch einfach nur die falschen Freunde?