Erst ist es nur Freundschaft. Feiern, trinken, zusammen lachen. Plötzlich landet man zusammen im Bett. Immer noch alles ganz unverbindlich, nur friends with benefits. Zumindest redet man sich das ein. Aber kann das auf Dauer gut gehen?

Er war mein Mitbewohner. Wir wohnten in einer Dreier-WG und verstanden uns vom ersten Tag an prächtig. Er war damals freiberuflich und arbeitete von zu Hause aus; ich ging zur Uni und blieb zwischen den Vorlesungen gerne seinetwegen in der Wohnung. Als ich vor sechs Jahren einzog, hatte ich gerade eine lange Beziehung beendet und wollte frei sein. Er zeigte mir seine Lieblingsband, ich erzählte von dem tollen Film, den ich letztens gesehen hatte.

Alles unverbindlich, einfach nur schön. Er traf seine Freunde, ich meine. Wir texteten tagsüber, aber nur weil wir ja zusammen wohnten. Sich jeden Tag zu sehen, erzeugte von ganz allein eine Nähe. Wir aßen gemeinsam Frühstück, tranken Kaffee am Nachmittag und am Abend Wein.

Und irgendwann teilten wir das Bett. Ist irgendwie passiert, dachte ich. Ist auch halb so wild, dachte ich. Also spielten wir das Spiel eine Weile. Das Wir-sind-nur-Mitbewohner-Spiel. Das Hat-nichts-zu-bedeuten-Spiel. Alles unauffällig, alles unverbindlich. Niemand sollte wissen, dass wir etwas miteinander hatten. Was hatten wir denn schon? Freundschaft und Sex – spricht doch nichts dagegen. Oder?

Von Anziehung zu Anspannung

Drei Monate lang ging es gut. Meine Mitbewohnerin bekam nichts mit, wir waren gut im Geheimhalten. Das dachten wir. Sicher fragten sich unsere Freunde, was zwischen uns lief. Wir hielten uns bedeckt – zumindest was unseren Beziehungsstatus anging. Ich genoss das Gefühl, jemanden zu haben, mit dem ich nah sein konnte, ohne Verpflichtungen. Ihm ging es genauso. "WG Plus", was für ein Luxus.

Doch das änderte sich schleichend. Irgendwann war er beleidigt, wenn ich samstags verabredet war: "Bist du grad mit deinen Freunden unterwegs? Warum hast du mich nicht gefragt?" Ich dachte: Wir wollten einander doch nicht einschränken. Aber auch ich fing an, Dates einzufordern. Wir hatten uns aneinander gewöhnt, miteinander gerechnet. Plötzlich war da Unsicherheit – und Anspruch.

Die Unverbindlichkeit verlor ihren Flow und unsere Gespräche ihre Leichtigkeit. Mit seinen Nachfragen und versteckten Forderungen kam ich ins Grübeln: Sind wir nicht schon ein Paar? Wir verhielten uns wie eins. Abgesehen davon, dass wir uns nicht offen bekannten. Ich fragte mich, ob ich das wollte. Ich redete mir das Gegenteil ein. Denn ich hasste das Klischee, dass es immer die Frau sein soll, die sich verliebt.

Freundschaft oder Beziehung – dazwischen geht nicht

Nach etwa sechs Monaten "WG Plus" gestand ich mir ein: Freundschaft oder Beziehung – dazwischen geht für mich nicht. Ich wollte keine Forderungen erfüllen, die ich selbst nicht erfüllt bekam. Ich wollte mich nicht für irgendetwas verpflichten, was der andere nicht zu geben bereit war.

Und mit dem Eingeständnis kam eine andere Wahrheit zum Vorschein: Ich war von Anfang an verliebt. Schon als wir uns zum ersten Mal begegneten, fand ich ihn toll. Damals war ich nicht bereit für eine feste Bindung, war froh über meine Freiheit. Doch das hatte sich geändert.

Also ging ich zu ihm. Ins Zimmer nebenan. Er saß am PC, mein Herz klopfte bis in den Keller. "Du, ich wollte mal mit dir reden", sagte ich. Er schaute zu mir. "Ich glaube, wir sollten aufhören, miteinander zu schlafen. Sonst verliebe ich mich noch in dich." So unbeholfen, wie ich mich ausgedrückt hatte, war genau das doch längst passiert. Und es war nicht, was ich eigentlich sagen wollte. Ich wollte fragen: Bist du auch verliebt? Dann lass uns eine echte Beziehung eingehen. Stattdessen hatte ich es ohne Nachfrage beendet. Seine Antwort war dementsprechend: "Okay."

Pow. Ein Schlag ins Gesicht. In die Magengrube. Ich mimte die Coole, nickte und verzog mich in mein Zimmer. Dort angekommen heulte ich.

Dann lieb ich eben mich selbst

Ab da war an ein normales Zusammenleben nicht zu denken. Ohne Sex konnten wir auch keine Nähe mehr herstellen. Wir gingen uns aus dem Weg, so gut es in einer gemeinsamen Wohnung eben ging. Er verzog sich öfter in sein Zimmer und auch meine Tür blieb zu. Gut zwei Monate später zog er aus.

Lange litt ich unter der Zurückweisung und schämte mich, das lebende Klischee gewesen zu sein. Heute bin ich stolz, dass ich für mich eingestanden bin – wenn auch damals noch nicht selbstbewusst genug. Und auch er hätte anders reagieren können. Ich verurteile meine Gefühle nicht mehr. Ich war verliebt. Nicht, weil ich eine Frau bin, sondern weil dieser Mensch mich gereizt hatte. Jetzt weiß ich: Freundschaft Plus ist nichts für mich. Schon gar nicht, wenn von Anfang an Gefühle im Spiel sind.

Heute haben wir immer noch Kontakt. Ich mag ihn, aber verliebt bin ich lange nicht mehr. Wir schreiben manchmal, treffen uns unregelmäßig, trinken Kaffee. Mittlerweile wieder komplett unverbindlich.

Seid ihr schon auf dem Weg in eine Beziehung?

Friends with benefits sind Freunde, die miteinander schlafen, aber kein Paar sind. Weil sie es nicht wollen oder noch nicht wissen. In diesem Test kannst du herausfinden, ob du noch in diesem Stadium bist oder ob ihr schon ein Paar seid.