Flackerndes Licht, elektronische Musik. Ein junger Schönling in Anzug schaut uns tief in die Augen. Er schnipst mit den Fingern und, zack, hat er ein neues Auto, eine Tasche voll Geld und ist der Held am Pokertisch. Aber das reicht dem Glückspilz natürlich nicht. Noch ein Fingerschnips und der schönen Fremden, die sich mit offenem Mund und Rehaugen nach ihm umdreht, rutscht prompt der Rock runter. Zu verdanken hat er das alles dem goldenen Parfüm in seiner Hand. Würde uns Frauen im echten Leben ein Typ von hinten den Rock runterschnipsen, wäre das wohl ein Grund zu fliehen. Oder für eine Anzeige.

Gleiches Produkt, anderes Geschlecht. Eine junge Frau sprüht sich mit dem Duft voll, wackelt mit dem Hintern durchs Café und die Stadt. Natürlich kann kein Mann den Blick von ihr lassen, sei es der Typ, der im Taxi an ihr vorbei fährt, oder gar der nette Kerl mit Freundin an der Hand. Ein Polizist zerreißt zur Krönung lächelnd den Strafzettel fürs Falschparken.

Immer, wenn solche Werbefilme im Fernsehen laufen, frage ich mich, ob Frauen sie sehen und ernsthaft denken: Ja, toll, wenn ich rieche wie die, kann ich Anna endlich den Freund ausspannen. Oder Männer: Wenn ich mir ein Parfüm mit dem Namen "1 Million" draufsprühe, habe ich danach eine Million auf dem Konto und eine Million Flirts garantiert.

Diese Spots zeigen ein typisches Rollenbild in der Werbung: den Mann als erfolgreichen, sportlichen, verführerischen Kerl, oft im Anzug. Natürlich kann ihm kein weibliches Wesen der Welt widerstehen. Auf der anderen Seite die Frau: dünn, zu jeder Gelegenheit perfekt geschminkt, fast keine Klamotten am Körper. Langes, wallendes Haar auf dem Kopf, keins an den Beinen. Und den Damen scheint es durch die Bank Spaß zu machen, als Lustobjekt durch die Weltgeschichte zu hüpfen, um Blicke, Pfiffe und blöde Sprüche zu sammeln.

Mehr als Frühjahrsputz und Südseezauber?

Ob Kosmetik, Getränke oder Baumarkt, es gibt kaum eine Branche, die nicht auf Stereotype in ihren Werbemitteln setzt. Dabei muss Frau nicht immer Sexobjekt sein. Gern zeigt sie sich mal mit Putzhandschuhen und neuem Super-Allzweckreiniger beim Badschrubben:

Mal unterwegs mit den Kindern mit einer Tüte vitaminreicher Gummibärchen:

Mal am Tisch mit der Vollzeit-Happy-Family, die selbst bei Spinat und Tiefkühlfischstäbchen das Dauergrinsen nicht aus dem Gesicht bekommt:

Und der typische Mann, wenn nicht reich und verführerisch, schaut mit Tiefkühlpizza in der Hand Fußball oder trinkt Bier:

Werbung, ob online, gedruckt oder im Fernsehen, strotzt oft nur so vor sexistischen Rollenbildern, von denen man meint, sie wären mit dem Jahrtausendwechsel langsam mal begraben worden. Stattdessen verkauft die Werbung sie so offensichtlich, dass man wirklich am gesellschaftlichen Fortschritt zweifelt. Kann sich das nicht mal ändern?

Prof. Dr. Christina Holtz-Bacha ist die Herausgeberin des Buches "Stereotype? Frauen und Männer in der Werbung". Ich möchte von ihr wissen, welche Klischees in der Werbung am Häufigsten bedient werden, weshalb Werbeproduzenten auf dieses Mittel setzen und welche Gefahren daraus resultieren können.
ze.tt: Frau Dr. Holtz-Bacha, Sie haben untersucht, wie Frauen heutzutage in der Fernsehwerbung dargestellt werden. Welche Stereotype spielen denn vorwiegend eine Rolle? Haben sich die Klischees im Laufe der Zeit verändert?

Holtz-Bacha: Früher wurden Frauen hauptsächlich in der Rolle der Hausfrau oder der jungen Schönen gezeigt, aber das enge Rollenrepertoire hat sich auf jeden Fall erweitert. Häufiger sehen wir Frauen jetzt auch im Beruf oder in ihrer Freizeit. Problematisch ist nach wie vor die Sexualisierung der Frau, ihr Einsatz als Blickfang oder Anreiz, oft für ein Produkt, das überhaupt nichts mit Frauen zu tun hat. Ein gutes Beispiel dafür sind Automessen, wo die neuen Wagen immer mit hübschen Frauen dekoriert sind.

Wie sieht das typische Werbungsrollenbild auf Seiten der Männer aus?

Hinsichtlich der männlichen Stereotype liegen kaum wissenschaftliche Befunde vor. Oft sehen wir sie als Experten, wenn es nicht gerade um Haushaltsartikel geht, oder als Karrieremann. Raphaela Dreßler hat einen Artikel zum Buch beigetragen, in dem sie Anzeigen des Stern analysiert hat. Zwischenzeitlich gab es Tendenzen, auch den Mann kaum bekleidet zu zeigen. Dieser Trend ist aber wieder zurückgegangen.
Aus welchen Gründen verwenden Werbeproduzenten immer wieder Stereotype? Denken Sie, dass das begrenzte Repertoire der Rollenbilder eine Gefahr darstellen kann?

Zum einen sind Geschlechterrollenstereotype einfach fest in unserer Gesellschaft verankert. Zum anderen wird in der Werbung auf das Motto "sex sells" gesetzt, auch wenn das sicherlich nicht immer funktioniert. Der Deutsche Werberat, das Selbstkontrollorgan der deutschen Werbewirtschaft, betont oft, Werbung sei ein Spiegel der Gesellschaft. Aber die Wahrheit ist, Werbung beeinflusst unsere Gesellschaft wie alle anderen Medien, setzt Trends und schafft Vorbilder. Wenn jungen Mädchen suggeriert wird, sie können nur erfolgreich sein, wenn sie so dünn sind wie die Models in der Werbung, dann kann das natürlich Folgen haben.
Kann Werbung verboten werden?

Werbeverbote sind sehr schwierig durchzusetzen, denn Werbung genießt Meinungsfreiheit und unterliegt der Selbstkontrolle. Die vorhandenen gesetzlichen Grundlagen, zum Beispiel gegen Diskriminierung, greifen da kaum. Der Deutsche Werberat kann zwar Rügen erteilen, aber die Sanktionen sind schwach.
Gibt es Ihrer Meinung nach Trends, die Hoffnung auf eine stereotypfreie Werbewelt machen?

Stereotypfreie Werbung wird es nicht geben, wir hoffen nur auf ein größeres Rollenrepertoire, das den gesellschaftlichen Realitäten entspricht. Die Marke Dove hat in ihrer Werbekampagne versucht, das Bild der schlanken, perfekten Frau zu durchbrechen und wirbt mit Models verschiedener Figurtypen. Aber leider hat die Werbung nicht viele Nachahmer gefunden. Generell sind Stereotype nicht unbedingt negativ, es handelt sich ja um Schablonen, die wir nicht nur für die Geschlechter haben, sondern zum Beispiel auch für die Völker anderer Länder oder bestimmte soziale Gruppen.