Als bekannt wurde, dass aus Martin Schulz Parteivorsitzender und Kanzlerkandidat der SPD wird, entstand ein enormer Hype um seine Person und rekordverdächtige Umfragewerte für die Partei, kurzzeitig lag sie sogar vor der CDU. Aber das ebbt seit Wochen ab. Aus dem Schulz-Zug ist mittlerweile eine Schulz-Bimmelbahn geworden, wenn überhaupt.

Drei Landtagswahlen hat die SPD seit Schulz' Nominierung verloren, am vergangenen Sonntag auch die in Nordrhein-Westfalen. Das wirft die Frage auf: Kann Schulz eigentlich auch Wahlen gewinnen? Mit der Bundestagswahl steht jetzt die Wichtigste an. Doch die SPD-Spitze macht den Eindruck, als hänge sie irgendwo zwischen Winterschlaf und Schockstarre fest.

Am Montag trat Schulz in Berlin auf, gemeinsam mit Hannelore Kraft, die aus der Niederlage in NRW Konsequenzen zieht und von allen politischen Ämtern zurücktritt. Zuvor war spekuliert worden, dass Schulz nun, nach der Schlappe, endlich das tut, was viele potenzielle Wähler*innen von ihm wollen: Tacheles reden. Dass er das Programm für die Bundestagswahl konkretisiert, eine echte Leitlinie präsentiert. Irgendwas. Stattdessen vertröstete Schulz, man werde das Programm nun in Gremien ausarbeiten und sagte das Übliche: Die SPD wolle für echte soziale Gerechtigkeit sorgen.

Ja, danke, das wissen wir. Aber das reicht einfach nicht mehr.

Es mag ja sein, dass Schulz die Schlappe in NRW wirklich mitnimmt, mag sein, dass ihm heute die Energie für eine flammende Rede fehlte. Doch gerade jetzt hätte es das gebraucht, gerade jetzt hätte es Schulz, den Kämpfer, gebraucht. Die Partei spürt gerade, wie schnell sich Menschen vom medialen Lärm mitreißen lassen – und wie schnell sie wieder gelangweilt sind. Eine Zeit lang geht sowas gut, eine Zeit lang mag eine neue Personalie allein für neue Stimmen sorgen. Doch letzten Endes bauen die meisten Deutschen nicht nur auf Politstars, sondern eben auch auf Fakten.

In einigen Punkten wurde Schulz bereits deutlich, er sagte etwa, dass er als Kanzler alle Ministerämter der SPD mit 50 Prozent Frauen besetzen werde und die absurden Schulgelder in Pflegeberufen abschaffen wolle. Schulz sagte auch, er wolle als Kanzler die Gebührenfreiheit von der Kita bis zur Universität oder zum Meister.

Aber wie er all diese Pläne bezahlen möchte oder mit wem er sich eine Koalition vorstellen könnte? Dazu gab es bisher beharrliches Schweigen. Und seien wir ehrlich: Die Themen, die wohl einen Großteil der Wähler*innen beschäftigen, sind Einwanderung, innere Sicherheit und genug Kohle aufm Konto.

Wenn, ja wenn, die SPD wieder auf Augenhöhe mit der CDU kommen soll, muss sie diesbezüglich tunlichst aus den Puschen kommen. Und sich vorwiegend auf realpolitische Inhalte konzentrieren, statt auf nette Gerechtigkeits-Sprüchlein auf Schulz' Social-Media-Kanälen. Die sehen nämlich ohnehin nur Fans – und die muss er nicht mehr von sich überzeugen.