Wenn ich am Wochenende mit Freunden weggehe, passiert eines immer wieder. Wir stehen an der Theke stehen oder werden am Tisch bedient. Während die Ersten ihr Bier oder ihren Gin-Tonic bestellen, wird mir schon ganz mulmig. Denn dann bin ich an der Reihe und sage: "Eine Sprite, bitte!". Alle schauen mich an.

Ich bemerke die ungläubigen, skeptischen Blicke und habe das Gefühl, ich werde rot. Freunde fragen: "Warum trinkst du denn nichts Richtiges?" Oder sie sagen: "Hey komm, jetzt trink doch was! Ist doch Wochenende!" Dass ich manchmal keinen Alkohol trinken möchte, scheint inakzeptabel zu sein.

Nüchterne Spaßbremsen

Wer nicht säuft, gilt schnell als Außenseiter, Spießer oder Spaßbremse. Es gibt nur wenige Ausreden, die Andere als legitime Gründe für meine Abstinenz akzeptieren, ohne mich mit Rückfragen zu löchern. "Ich fahre!", das geht immer. Wer auf dem Nachhauseweg mitgenommen werden will, wird es sich sicher nicht mit dem Fahrer verscherzen wollen. In der Disco zu sagen, wir hätten so viel getanzt, jetzt brauche ich erst einmal was zum Durstlöschen, hat auch noch gute Chancen. Ich müsse morgen früh raus und fit sein oder ich habe sowieso schon Kopfschmerzen, da will ich nicht auch noch Alkohol trinken – das geht mitunter auch noch, obwohl einige skeptisch bleiben und ich ihren Blicken ansehe, dass sie mich insgeheim für ein Weichei halten.

Wer viel verträgt, gilt hingegen immer noch als cool. In meinem Bekanntenkreis prahlen manche damit, am vergangenen Wochenende wieder richtig dicht gewesen zu sein. Ich persönlich finde es nicht so schön, mich sonntags schlecht zu fühlen und über der Kloschüssel zu hängen. Wenn ich schon einen harten Tag hinter mir habe, trinke ich lieber etwas Erfrischendes, das mich wachhält, um die Zeit mit meinen Freunden zu genießen, statt schneller müde zu werden oder Kopfschmerzen zu bekommen.

Lasst die Kommentare sein!

Und dann ist da noch eine Sache: Ich verbinde Alkohol mit etwas Negativem in meinem Leben. Etwas, das mich lange beschäftigt hat. Jedes Mal, wenn Leute nachhaken, warum ich keinen Alkohol trinke, werde ich daran erinnert. Das macht mir zu schaffen – manchmal würde ich am liebsten laut werden. Was dieses Negative war, teile ich nur mit wenigen Vertrauten, und nicht in einer Disco, in einer Bar, in der Öffentlichkeit.

Auch eure Freunde, die nichts trinken, haben vielleicht so eine Geschichte. Vielleicht haben sie etwas Schlimmes erlebt, gegen das sie sich nicht wehren konnten, weil sie zu viel getrunken hatten? Vielleicht waren sie Zeuge bei einem Unfall, der von einem Betrunkenen verschuldet wurde? Vielleicht kennen sie eine*n Alkoholiker*in, dem sie versucht haben zu helfen, der seine Sucht aber nicht besiegen konnte? Vielleicht wollten sie jemandem in einer Notsituation helfen, konnten aber nicht, weil sie zu viel getrunken hatten?

Ob und wie viel jemand trinken möchte, sollte jedem selbst überlassen sein. Wenn ihr das nächste Mal also auf einer Feier seid und jemand trinkt eine Cola – bitte kommentiert es nicht! Seht es einfach als das, was es ist: Derjenige hat das bestellt, was er trinken möchte – so wie ihr auch.