Antje Krögers Bilderserie zeigt zwei nackte Frauen. Innig, fast romantisch, aber vor allem provokant. Der Körper der einen ist sehr viel beleibter als der der anderen – beide haben eine Essstörung. Darüber sprechen möchte Antje Kröger nur wenig. Die Fotografin aus Leipzig will, dass die Bilder für sich stehen.

Jede*r, der*die ihre Bilder anschaut, sieht, dass die beiden Frauen krank – mager- und fettsüchtig – sind. Die Fotografin Antje Kröger findet den Begriff Essstörung jedoch schwierig: "Ich betrachte das nicht als Störung. Ich kann mit dem Wort Sucht mehr anfangen", sagt sie. Krögers Fotoserie Man reist ja nicht, um anzukommen entstand Ende 2013. Die dickere Frau auf den Bildern ist sie selbst, damals mit Mitte 30. Das Model, die dünnere Frau, ist zu der Zeit Anfang 20.

Antje Kröger ist heute noch süchtig. "Ich glaube, Sucht wird man nie los. Man kann sie irgendwann händeln", sagt sie. Kröger weiß, warum sie süchtig ist und sagt: "Ohne die Sucht wäre ich keine Künstlerin." Der anderen, dünneren, Frau auf den Bildern gehe es heute besser als damals, das mache sie glücklich. Beide Frauen kennen sich erst acht Stunden, als sie beschließen, zusammen Aufnahmen zu machen.

"Ich stecke selbst in einem extremen Körper, vielleicht bauten wir deshalb so schnell Vertrauen zueinander auf", sagt Kröger. Die andere Frau hätte ihr "so viel gespiegelt", dass Kröger nach einem kleinen Schluck Wodka dazu bereit war, auch ihre "Achillesferse" zu zeigen. So nennt sie es, wenn sie über die Verletzlichkeit in Form ihres Körpers spricht.

"Krass, das bin ich!"

Aber warum sind sie nackt? Hätte man nicht auch so gesehen, dass die eine besonders dünn und die andere besonders dick ist? "Ich wollte die Keule, die Überspitzung, die harte Realität", sagt Kröger. Mit Kleidung könne man sich verstecken, auch vor sich selbst. "Ich vergesse immer voll, dass du so aussiehst", sagen ihre Freund*innen zu ihr. Kröger vergisst es auch oft. Schaut sie sich ihre Bilder an, denkt sie: "Krass, das bin ich!"

Die Bilder der beiden Frauen sollen provozieren. Sie sind schwarz-weiß, weil Farbe ablenken würde. Kröger schießt sie mit Licht, wie es in den Zwanzigerjahren verwendet wurde: Es ist hart und steht so am besten in Kontrast zur Weichheit der beiden Frauen. Sie lachen auf keinem der Bilder. Ihre Körper sollen für sich sprechen, sagt Kröger. "Wenn du das Gesicht neutral hältst, werden kleine Gesten plötzlich ganz stark. Zum Beispiel durch Hände oder Füße, die übereinander liegen."

Trotzdem werden Krögers Bilder häufig von Vereinen oder Gruppen, die sich mit Essstörungen beschäftigen, aufgegriffen: "Menschen, die Ähnliches betrifft, sind oft sehr gerührt von den Fotos. Emotional berührt", sagt sie. Viele fänden ihre Bilder mutig, dabei sei sie das gar nicht. Mut sei das falsche Wort, meint sie. Die meisten berühre "das Trauen, sich so zu zeigen" und dieses "Man kann so aussehen und trotzdem erfolgreich sein." Krögers Intention war es aber nicht, anderen Menschen mit Essstörung Mut zu machen – die Fotos "sind einfach nur passiert", sagt sie.