Spätestens seit der Fußball-Europameisterschaft ist klar: Wir sollten alle nach Island auswandern. Zumindest wir alle Frauen. Der kleine Inselstaat südlich des nördlichen Polarkreises hat es neben choraler Fangesänge scheinbar auch in punkto Gleichberechtigung richtig drauf.

Schon zum achten Mal in Folge steht der 330.000 Einwohner*innen-Staat auf Platz 1 des "Gender Gap Report" des Weltwirtschaftsforums. Der Bericht vergleicht jedes Jahr die Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen in 144 Ländern.

Was wird gemessen?

Um herauszufinden, wie groß oder klein die Lücke in verschiedenen Lebensbereichen zwischen Männern und Frauen ist, werten die Wissenschaftler*innen vier Hauptbereiche aus:

  1. Gesundheit (Lebenserwartung, Geburten- und Sterberate usw.)
  2. Bildungschancen (Alphabetisierung, Hochschulabschlüsse usw.)
  3. Politisches Mitwirken (Sitze in Parlamenten, Ministerien usw.)
  4. Wirtschaftliche Möglichkeiten (Sitze in Unternehmensführungen, Gehalt, Chancen auf dem Arbeitsmarkt usw.)

Fasst man nun alle Bereiche zusammen, liegt Island ganz vorne. Hier sei, so der Report, die Lücke zu 87 Prozent geschlossen. Deutschland verschlechtert sich im Vergleich zum Ergebnis von vor zehn Jahren um acht Ränge und fällt mit knapp 77 Prozent auf Platz 13. Am schlechtesten schnitt der Jemen mit 52 Prozent ab. (Eine Übersicht aller Platzierungen aller untersuchten Länder findet sich auf den Seiten 18 und 19 des Reports)

Noch 170 Jahre bis Frauen und Männer die gleichen wirtschaftlichen Chancen haben

Im Bereich der wirtschaftlichen Möglichkeiten seien die Unterschiede zwischen Männern und Frauen so groß wie seit acht Jahren nicht mehr. Bildet man den Durchschnitt aller untersuchten Länder, haben Frauen bei gleicher Qualifikation nur zu etwa 59 Prozent die gleichen wirtschaftlichen Chancen wie Männer. Sie sind also dabei benachteiligt, zum Beispiel einen Job zu finden, das gleiche Gehalt zu bekommen oder befördert zu werden.

Während die Forscher*innen 2015 noch angaben, dass diese Gap in 118 Jahren überwunden sein könnte, errechneten sie diese Jahr einen Wert von 170 Jahren. Zeit genug, um nach Island auszuwandern.