Kein Make-up, keine Brille, kein Bart: Das sind die einzigen Bedingungen für Teilnehmer des neuen Online-Schönheitswettbewerbs Beauty.AI. Um mitzumachen, müssen User lediglich per App ein Selfie schießen. Dazu verraten sie noch ihr Alter, ihre ethnische Herkunft, Größe und Gewicht – und ab dafür.

Das Besondere an dem Wettbewerb: Über die Gewinner entscheidet kein Schönheitsexperte oder blöder Bohlen, sondern Künstliche Intelligenz (KI). Nach Einsendeschluss scannt eine Algorithmen-Jury die Symmetrie der Gesichter und analysiert die Haut, um "the First Beauty Queen or King" zu küren.

Auch das gemeinsame #HowHot-Tool der ETH Zürich und der Dating-App Blinq veranstaltet indirekt einen Schönheitswettbewerb. Die Algorithmen schätzen binnen weniger Sekunden nicht nur das Alter eines Nutzers, sondern geben auch ihren Senf über die Attraktivität auf einer Skala von "Hmm" bis "Godlike" ab. Innerhalb der ersten zwölf Stunden nach der Veröffentlichung luden über eine Million Leute mehrere Millionen Bilder hoch.

It's science, bitch!

Hinter beiden Tools stecken wissbegierige Forscher. Mit #HowHot erproben Entwickler des Computer Vision Laboratory neue Software. Der Schönheitswettbewerb Beauty.AI dient einem Unternehmen aus Hong Kong in Kooperation mit unter anderem Microsoft und Nvidia, die Zukunft der Medizin voranzutreiben.

"Wir glauben, dass Maschinen in naher Zukunft fähig sind, medizinische Informationen über die Gesundheit von Menschen zu sammeln, indem sie einfach Fotos von ihnen verarbeiten", schreiben die Initiatoren von Beauty.AI.

Künftig könnten Roboter mit Software ausgestattet werden, die erkennt, wann es uns schlecht geht und wir Hilfe brauchen. Die Attraktivität von Menschen einzuschätzen, sei lediglich der erste Schritt; der Wettbewerb dient derzeit noch als bunt verpackten Köder, um Futter für die Algorithmen-Jury zu sammeln und ihre Fähigkeiten auf möglichst große Datenmengen anzuwenden.

So gut das alles klingt, es ist gleichzeitig beängstigend: Was, wenn die Technologie irgendwann bei Versicherungen und Krankenkassen zum Einsatz kommt – gesunde Menschen werden aufgenommen, kranke nicht? Mit diesem Gedanken im Hinterkopf fällt es gleich schon schwerer, ein Selfie an weitestgehend unbekannte Einrichtungen zu schicken.

Mark Zuckerberg will eigene KI entwickeln

An Beauty.AI können sich auch Entwickler beteiligen: Bis zum 20. Januar sammeln die Wettbewerb-Initiatoren Algorithmen, die das Alter, die Ähnlichkeit zu Promis, die Gesichtssymmetrie, die Hautelastizität oder Augenringe erkennen können. Erwartet wird Deep-Learning-Software – Programme also, die mit der Zeit immer besser werden.

Deep Learning wird zurzeit immer wichtiger für die IT-Branche. Das Rechenverfahren funktioniert ähnlich wie das menschliche Gehirn: Simulierte Neuronennetze verbinden sich immer wieder neu, um effektiver zu arbeiten. Auf diese Weise lassen sich große Datenmengen schneller verarbeiten.

Google forscht seit 2011 mit dem sogenannten Google Brain an einem lernenden Netzwerk, Facebook gründete 2013 eine eigene Abteilung mit drei Büros in den USA und England. Mark Zuckerberg tüftelt zudem persönlich an dem Thema: Eines seiner Vorhaben für 2016 ist es laut eines Facebook-Posts, eine einfache KI zu entwickeln, die ihm sowohl zu Hause als auch bei der Arbeit zur Hand geht.