Laura Gehlhaar sammelt Sneaker, liebt das Reisen, ist Redakteurin beiden Sozialhelden und bloggt über ihr Leben in der Großstadt. Achja, und sie sitzt im Rollstuhl. Ihr Instagram-Profil ist voll mit Reisebildern. Das hat uns neugierig gemacht. Die 33-Jährige war schon auf fast allen Kontinenten, nur Australien fehlt noch. Mit uns hat sie über das Reisen gesprochen – und über Privatsphäre.

Du hast mal geschrieben, du möchtest gern überall hin. Wie reist du?

Ich liebe das Reisen, und wenn ich reisen schreibe, meine ich wirklich erstmal die Reise zu einem Ort an sich. Im September 2015 sind der Mann und ich mit dem Auto über Deutschland und die Schweiz nach Italien gereist. Dafür haben wir uns viel Zeit gelassen, sind lieber Landstraße als Autobahn gefahren, haben an Seen und Flüssen Rast gemacht und keinen Bergpass ausgelassen. Auf diese Art konnten wir genau beobachten, wie sich die Natur gen Süden veränderte, die Luft anders schmeckte und die Anzahl und Aggressivität von Mücken zunahm.
Was ist dein nächstes Ziel?

Unsere nächste Reise soll auch wieder mit dem Auto angetreten werden. Am liebsten durch England hoch nach Schottland oder durch Island mit einem Geländewagen. Slowenien steht auch auf dem Plan. Alles mit gutem Essen im Gepäck und beatlastiger Playlist auf den Ohren.

Kommst du im Sand mit dem Rollstuhl gut zurecht?

Nein! Im Sand kann man sich im Rollstuhl keinen Zentimeter fortbewegen. Deshalb: Runter auf den Hintern!
Deine Urlaubsfotos sehen nicht aus, als gebe es Grenzen für dich. Fallen dir Reisen heute leichter, als vor zehn Jahren?

Durch gute Organisation vorab versuche ich, viele Grenzen oder Barrieren im Vorfeld abzubauen. Ich lasse mich nicht gerne von äußeren Umständen einschränken. Was aber auch nicht heißt, dass ich Hilfe ablehne. Sitze ich auf einem Urlaubsbild auf einem Berg, kann man davon ausgehen, dass mich jemand Starkes da hochgehoben hat. Bade ich in einem Pool, lasse ich mich danach wie ein fettes Walross wieder rausziehen. Und wenn ich im Flugzeug sitze, beiße ich mir nach zwei Stunden vor Rückenschmerzen auf die Lippen, weil ich niergends meine Beine hochlegen kann. Das macht das Reisen mit dem Flugzeug nicht immer leicht. Einmal bekam ich von der Lufthansa ein Upgrade und ich durfte in der ‚besseren‘ Klasse liegend nach New York fliegen. Ein Traum für jede/n RollstuhlfahrerIn.

Wie bereitest du dich auf eine Reise vor?

Jede Reise organisiere ich bis ins kleinste Detail durch, damit ich nachher nicht vor bösen Überraschungen stehe, wie zwei Stufen vor der Badewanne oder Bussen ohne Rampe. Wenn ich eine schöne und möglichst barrierefreie Privatunterkunft gefunden habe (meist über AirBnB), versuche ich, günstige Flüge zu buchen und besorge mir eine Packung Baldrian, weil ich vor Reisen immer grausamst aufgeregt bin. Erwischen wir unseren Flug? Kommt mein Rollstuhl heile an? Denn den muss ich immer am Flugzeug abgeben, damit er eingeladen wird, und er wurde schonmal beschädigt oder einfach vergessen! Eine Katastrophe! Am liebsten versorge ich mich selbst im Urlaub und lege deshalb viel Wert auf eine benutzbare Küche, auch um ein gutes Gefühl für die Lebensmittel zu kriegen, die je nach Land ortstypisch und traditionell sind.

Du zeigst regelmäßig Fotos bei Instagram, gehst dabei auf private Fragen aber selten ein. Wie ziehst du die Grenze?

Ich beantworte total gerne Fragen! Zu meinen Reisen, meinen Sneakern oder meinen Texten. Auch beantworte ich gerne spezielle, technische Dinge, wie wenn mich jemand zu einem Bild, wo ich im Meer bade, fragt, wie ich überhaupt ins Meer reingekommen bin. Mit speziellem Strandrollstuhl? Getragen? Oder einfach auf dem Popo reingekrabbelt? Jemand, der auch auf einen Rollstuhl angewiesen ist, kann sich vielleicht ein paar Tricks abgucken.
Aber?

Wenn ich aus dem Nichts heraus von einer Person, die ich gar nicht kenne, gefragt werde, warum ich zum Beispiel im Rollstuhl sitze, sehe ich erstmal keinen Mehrwert darin. Die Frage, warum ich im Rollstuhl sitze, setze ich mit der Frage gleich "Wieviel Geld verdienst du so?". Das fragt man auch nicht als erstes, wenn man jemanden kennenlernt.

Laura findet ihr auch in ihrem Blog und bei Facebook, ihre Arbeit seht ihr bei den Leidmedien und Wheelmap.orgIhr Rollstuhlfahrer Bullshit-Bingo ging viral: