Jeden Abend kurz bevor das Sushi-Restaurant "White Lounge" in Hamburg schließt, packen Mitarbeiter*innen übrig gebliebenes Essen in Take-Away-Boxen. Mal sind es zwei, mal bis zu zehn. Mindestens 16 Stück Sushi kommen in eine Schachtel – es ist Essen, das sonst im Müll landen würde. Dann kommen Menschen, die sich diese Boxen über die App "Too Good to Go" gekauft haben. Sie zeigen auf ihrem Smartphone einen Gutschein vor, bekommen die Box und gehen wieder. "Für uns ist das super", sagt ein Mitarbeiter der White Lounge zu ze.tt. "Es ist einfach schade, die Sachen wegzuwerfen."

Alleine in Deutschland landen jedes Jahr rund 1,9 Millionen Tonnen Lebensmittel aus Restaurants oder Kantinen im Müll, wie eine Studie der Universität Stuttgart aus dem Jahr 2012 zeigt. Vieles davon könnte noch gegessen werden, wenn es eine Verbindung zwischen den Restaurants und Menschen gäbe, die das übriggebliebene Essen haben möchten.

Diese Verbindung könnte die App "Too Good to Go" sein, die zwei Briten entwickelt haben und die es seit Ende 2015 gibt. Mitgründer Jamie Crummie (25) sagt zu ze.tt: "In Großbritannien sind eine Million Menschen auf Essen von der Tafel angewiesen; gleichzeitig landen 600.000 Tonnen Nahrung aus Restaurants im Müll." Das Ziel der App sei, das zu ändern und diese beiden Probleme miteinander zu verbinden.

Seit dem Start Ende 2015 gibt es die App in sechs Ländern (Großbritannien, Dänemark, Norwegen, Frankreich, Schweiz und Deutschland). Insgesamt machen 546 Restaurants und Bäckereien mit.In Deutschland gibt es die App seit einigen Monaten. Nach Angaben von Crummie machen rund 120 Restaurants mit, vor allem in Berlin und Hamburg. Die App sei bis jetzt europaweit rund 150.000 Mal heruntergeladen worden, sagt Crummie.

So funktioniert die App

Die App gibt es für iOS und Adroid. Nach dem Herunterladen wählen die Nutzer*innen, ähnlich wie bei Lieferdienst-Apps, aus Restaurants in der Nähe. Per Klick lässt sich das Essen kaufen, das in Regel zwischen 2 und 4 Euro kostet. Außerdem ist ein Abholzeitpunkt angegeben, meistens am Nachmittag oder abends kurz bevor die Restaurants schließen. Käufer*innen müssen das Essen also selbst abholen und sich nach den Zeiten richten, die das Restaurant vorgibt.

Im Restaurant zeigen App-Nutzer*innen den gekauften Gutschein vor und bekommen dann die Box (aus selbstabbaubarem Zuckerrohr) mit dem Essen überreicht. Was genau darin ist, bestimmt das Restaurant.

Geschäftsmodell

Noch verdienen Crummie und sein Team nicht viel Geld mit ihrer App. "Wir tragen uns gerade so selbst", sagt er. Pro verkauften Essen behält Too Good to Go einen Euro – als Gebühr für die Boxen und die Infrastruktur dahinter. Die behalten die Einnahmen aus dem Verkauf und sparen Platz in der Mülltonne. "Ich verdiene nicht wirklich daran, aber ich finde es besser, als das Essen wegzuwerfen", sagt ein teilnehmender Restaurantbetreiber aus Berlin.

Too Good to Go ist nicht die erste App, die sich Lebensmittelverschwendung widmet. In Spanien können Menschen mit der Yo No Desperdicio App überschüssiges Essen untereinander tauschen, wie die Huffington Post berichtet. In den USA können Großhändler Gemüse, das nicht den Schönheitsstandards entspricht, mit der Food Cowboy App an Tafeln oder Wohltätigkeitseinrichtungen weitergeben.