Vor 30 Jahren ereignete sich eine Nuklearkatastrophe im ukrainischen Tschernobyl, die Dekontamination ist bis heute nicht abgeschlossen. Zurzeit wird ein beeindruckender Schutzmantel über das ehemalige Kernkraftwerk gefahren.

Kurz nach der Katastrophe begann die Sowjetunion damit, mehrere Blocks des havarierten Kernkraftwerks zu ummanteln. Der sogenannte Sarkophag aus Beton und Stahlträgern sollte die radioaktive Strahlung eindämmen. Sowjetische Wissenschaftler*innen schätzten die Haltbarkeit dieses Schutzmantels auf 20 bis 30 Jahre – und sie behielten Recht: Die Konstruktion ist mittlerweile brüchig, Träger drohen einzustürzen, kontaminiertes Wasser sickert in den Boden.

Bereits 2004 wurde deshalb der "Shelter Implementation Plan" beschlossen, der den Bau weiterer Schutzmaßnahmen vorsieht. Im Zuge dieses Plans befindet sich seit 2010 ein neuer Sarkophag im Bau. Das 935 Millionen Euro teure und 108 Meter hohe Konstrukt soll 100 Jahre lang Strahlungsschutz garantieren.

Seit Mitte November wird der Schutzschild auf Schienen mit zehn Stundenkilometern über den zerstörten Reaktor vier und den alten Sarkophag gefahren. Damit ist das "New Safe Confinement", wie der Mantel offiziell heißt, das größte mobile Bauwerk der Welt. Sobald die 36.000 Tonnen schwere Hülle steht, soll darunter der Rückbau des alten Sarkophags beginnen.

Auf der Website des ukrainischen Umweltministeriums könnt ihr die Installation des Schutzmantels über mehrere Webcams verfolgen.

Die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl

Eigentlich wollten Wissenschaftler*innen 26. April 1986 testen, wie sich der Reaktor bei einem Stromausfall verhält. Um die Sicherheitssystem und die Kühlung zu erhalten, springen dann Notstromaggregate an. Die Forscher*innen wollten herausfinden, ob mit der Restenergie der rotierenden Turbinen noch etwas Zeit überbrückt werden kann, bis die Generatoren laufen. Doch als sie den Versuch starteten, stieg die Leistung extrem schnell. Es kam zu zwei Explosionen. Die letzte riss das Dach des Reaktors auf. Durch das Loch stieg heiße Luft in die Atmosphäre auf und nahm radioaktives Material mit sich.

Feuerwehrleute pumpten Kühlwasser in den Reaktorkern, was allerdings nichts nützte. Aus Hubschraubern wurde Sand, Bor und Blei abgeworfen, um das radioaktive Material abzudecken. Doch das erhitzte sich dadurch nur noch weiter. Schließlich schafften die Helfer*innen es, den Reaktor mit Stickstoff zu kühlen – allerdings erst zehn Tage, nachdem er explodiert war. Die radioaktive Wolke breitete sich nach Westeuropa aus. Bis heute sind manche Pilze beispielsweise in Bayern mit Strahlen belastet. Und vor allem in der Ukraine und Belarus leiden die Menschen auch jetzt noch unter den Folgen: Hier erkranken mehr als 30 Mal so viele Menschen wie der Durchschnitt an Leukämie oder Schilddrüsenkrebs.