Morgens, nach dem ersten Kaffee, setzt sich Rob Boffard hin und schreibt. "Für einige Zeit lebe ich in einer Welt ohne IS und Justin Bieber und Selfie Sticks, und die einzigen Regeln sind die, die ich selbst mache", schreibt Rob Boffard bei The Next Web. Boffard schreibt Science Fiction Bücher, seine "Outer Earth"-Reihe erscheint bald auf Deutsch.

Läuft es gut mit dem Schreiben, dann ist für Rob der Tag gerettet. Läuft es nicht so gut, nunja, dann könnte Rob einen perfekten Nachmittag haben, er wird sich am Abend dennoch schrecklich fühlen. Das Schreiben wirkt auf seinen Seelenfrieden. Der Wissenschaft hinter diesem Effekt ist Rob nun einmal nachgegangen.

Fühle Gutes und schreib darüber

Tagebücher und kreatives Schreiben tun uns gut – das wirkt sogar in der Liebe, haben Psychologen der Universität Austin herausgefunden. Sie luden Menschen, die gerade auf Dates gingen, ein, über ihre Gefühle für den Anderen zu schreiben. Und siehe da: Drei Monate später waren mehr von ihnen glückliche Paare, als in einer Kontrollgruppe. Die Wissenschaftler sammelten außerdem private Textnachrichten der Teilnehmer. Jene, die im Experiment über ihre Gefühle geschrieben hatten, drückten auch im Chat häufiger ihre Gefühle aus.

Aber wie steht es nun um fiktive Geschichten? Sie zu lesen macht uns vielleicht zu besseren Menschen, behaupten die Sozialwissenschaftler Emanuele Castano und David Comer Kidd im Fachmagazin Science. Literatur zu lesen macht uns empathischer, die Wissenschaft spricht von der Theory of Mind, der Fähigkeit, Annahmen über die Gefühle und Bedürfnisse eines anderen zu treffen.

In einem anderen Experiment ließen Psychologen Traumapatienten schreiben, mal über ihre Erlebnisse, mal über andere traumatische Szenen, mal über eine Alltagssituation. Am stärksten profitierte die erste Gruppe von der Schreibtherapie. Doch auch den anderen ging es hinterher besser.

Schreiben über die tiefsten Gefühle soll sogar die Wundheilung beschleunigen. Das schreiben Wissenschaftler aus Neuseeland. Sie ließen ihre Testpersonen Erlebnisse aufschreiben, die schwierig für die Patienten waren. Dann beobachteten sie die Heilung nach einer Biopsie.

Das sagen die Autoren

Rob fand bei seiner Suche nach der Wissenschaft hinter seinen schreibbedingten Stimmungsschwankungen keine zufriedenstellende Antwort. Also fragte er die Autoren selbst. Für seinen Kollegen Mike Brooks ist das Schreiben ein guter Ausgleich zum stressigen Job. Mike betreut tagsüber Obdachlose, da ist viel Fingerspitzengefühl gefragt, manchmal auch eine klare Ansage. Am Abend schreibt er. Das ist sein Ventil.

Angelina Mirabella, deren Buch "The Sweetheart: A Novel" unter Lesern und Kritikern schnell viele Fans fand. Angelina hat einen Abschluss in Beschäftigungstherapie. "Ich würde das Schreiben für das eigene Wohlbefinden absolut empfehlen", sagte sie zu Rob. In ihrem Studium hat sie sich schon damit befasst. Patienten mit Demenz, Suchtprobroblemen oder Schwächen in der geistigen Gesundheit könnten vom Storytelling profitieren.

Moderne Autoren haben auch keine Lust mehr auf das vielzitierte Leid des Autors. "Das ist ein Hemingway-Ding", sagt Seanan McGuire. "Es muss dir schlecht gehen, sonst bist du kein richtiger Autor." Die Autorin fragt sich, ob nicht viele ihrer Kollegen nur so tun, als ginge es ihnen schlecht.

Rob schreibt: "Fiktion zu schreiben muss kein Kampf sein, oder nur etwas für Menschen auf der Flucht. Es kann eine Chance sein, mit Gedanken zu spielen und neue Ideen zu erkunden." Und: "Es gibt keine Regeln. Fiktion ist nicht nur etwas für Menschen, die sich selbst als Autoren bezeichnen. Etwas zu erfinden hat einen positiven Effekt." Nur die Studie unter Autoren, die fehlt noch.