Für manche Menschen sind Geschenke der Horror. Aber kann es Weihnachten ohne Bescherung überhaupt geben? Ja!

Die Bescherung zu Weihnachten ist wie der Kampf gegen Voldemort: das Endspiel des Jahres, alles Zwischenmenschliche hängt von diesem Datum ab. Mit dem richtigen Geschenk können wir Freundschaften festigen und bewahren, mit einem miesen lösen wir die Zerstörung unserer Gemeinschaft, wie wir sie kannten, aus. Mindestens.

Es gibt Menschen, die sind wie Harry Potter: Strebernasen. Die tragen ein großes Herz und viel Mut in sich, preschen vor und schenken um des Schenkens Willen. Weil sich das nun mal so gehört. Weil es ihnen tatsächlich Spaß macht. Oder weil sie mit der famosen Fähigkeit auf die Welt gekommen sind, sich im März geäußerte Wünsche merken können und für jeden immer genau das Richtige finden.

Und dann gibt es die anderen: die Voldemorts, die Geschenkehasser. Die wollen keine machen und keine haben. Die wollen ihre Ruhe. Und ein bisschen Spekulatius. Ich gehöre dazu, und ich gestehe: Ich bin ein Voldemort aus Selbstschutz. Ich liebe meine Liebsten zu sehr, als dass ich ihnen ein miserables Geschenk zumuten möchte – und wenn ich in einem gut bin, dann ist es leider Miserable-Geschenke-Machen. Gleichzeitig verzichte ich gerne selbst auf Geschenke, weil ich ebenso doof im Geschenke-Empfangen bin. Auf einer Skala von "Yay!" bis "Och, nay!" kann ich meine Mimik nie richtig einsetzen – ständig habe ich das Gefühl, nicht genug Freude zu vermitteln und mein Gegenüber zu enttäuschen. Momente des Schreckens.

Wenn du nichts schenkst, bist du ein schlechter Mensch!

Deshalb kämpfe ich seit Jahren gegen das Schenken an, besonders zu Weihnachten. Dieses Jahr wird endlich alles gut: Ich habe mich durchgesetzt, mit Absprache wird es keine Geschenke in meinem Freundes- und Verwandtenkreis geben. Mit meiner Freundin geht’s für eine Nacht nach Lübeck, das war’s. Keine Rentier-Schlüpper von Mama und Papa – und keine "Diesen Oscar-Film müsst ihr unbedingt noch sehen"-DVD von mir. Kein überteuerter GoPro-Schnickschnack von meiner Mitbewohnerin – und von mir kein "Du bist doch Designerin, du magst bestimmt Poster"-Poster. Weihnachten 2015 wird Geschenke-frei. 

Das ist einerseits beruhigend: Während M. sich Gedanken macht, ob er seinem Freund S. wirklich die 120-Tacken-Herrenuhr schenken soll, und J. berichtet, sie werde ihren Freund zur Sicherheit mit einer ganzen Flut von Kleinigkeiten überschütten, kann ich alle Viere gerade sein lassen. So happy fühlt sich das Ende trotzdem nicht an: Ein Weihnachten ohne Geschenke ist ein Stück weniger Weihnachten. Diese Gesellschaft hat uns geradezu zu Schenk-Maschinen sozialisiert, die Welt ist voll mit (Last-Minute-)Empfehlungen, Parfüm-Spots und DIY-Anleitungen, die zwischen den Zeilen schreien: Wenn du nichts schenkst, bist du ein schlechter Mensch, Arschloch! Trotz Absprache.

Es gibt allerdings einen simplen Trick gegen den Kommerz-Kult um Weihnachten, einen mächtigen Elderstab: Wir müssen uns vergegenwärtigen, dass wir auch etwas schenken, wenn wir nichts in Papier und Schleife packen. Wenn wir Weihnachten nach Hause tingeln oder mit Freunden veganen falschen Hasen anschneiden, schenken wir: Zeit und Aufmerksamkeit. Und es gibt, das vergessen wir auch zu oft, in dieser Welt nichts von größerem Wert. Außer vielleicht diesen Unsichtbarkeits-Umhang aus "Harry Potter" – wenn mir den wer unter den Tannenbaum legt, will ich nichts gesagt haben.