Als die Antibabypille 1960 auf den US-amerikanischen Markt kam, war sie die Antwort auf alle feministischen Gebete. Sie gab Familien die Möglichkeit der zuverlässigen Familienplanung und Alleinstehenden einen angstfreieren Umgang mit der eigenen Sexualität. Langfristig gab sie Frauen Macht über ihren Körper und ihr Sexleben. Dafür sollte man ihr dankbar sein.

Die Pille ist nicht mehr tragbar

Trotzdem steht sie inzwischen heftig in der Kritik. Ein Forschungsteam der Universität Kopenhagen konnte beispielsweise einen Zusammenhang zwischen der Pilleneinnahme in der Jugend und Depressionen herstellen. Manche Pillen sind dafür bekannt, mitunter tödliche Embolien auslösen zu können.

Trotz solcher Nebenwirkungen ist die Pille immer noch das beliebteste Verhütungsmittel in Deutschland und wird vor allem an junge Mädchen verschrieben. Statt über Zyklen, Safer Sex und gesunden Umgang mit dem eigenen Körper und Sexualität aufzuklären, empfiehlt man Jugendlichen lieber potenziell embolien- und depressionsauslösende Medikamente. Na, danke auch.

An der Pille verdient es sich gut

Hormonelle Verhütungsmittel werden von großen Pharmakonzernen hergestellt, die natürlich ein Interesse daran haben, diese am Markt platzieren zu können. Neben der Pille werden auch andere hormonelle Verhütungsmittel wie die Hormonspirale aggressiv bei Verbraucher*innen und Mediziner*innen beworben. Dafür bespielen sie vermeintliche Aufklärungsseiten auf denen nicht-hormonelle Methoden entweder ganz ausgespart oder als vergleichbar unsicher dargestellt werden. Diesen Trend beklagt auch die Techniker Krankenkasse in ihrem Pillenbericht (PDF) von 2015:

Rechtlich zwar auf sicherem Terrain, findet hier jedoch ein ungefilterter Informationsfluss von Marketing- und Werbebotschaften an Teenager statt. Häufig finden sich zu den Informationen über Verhütung noch weitere Texte und Videos zu Themen wie Beziehungen, Beauty und Lifestyle.

Obwohl ein solches Bewerben von pharmazeutischen Produkten in Deutschland eigentlich verboten sei, hätten die Pharmakonzerne mit ihren Blogs und Aufklärungsseiten ein Schlupfloch gefunden. Bei einem Testversuch wurde zudem deutlich, wie stark die Pharmaindustrie sich dieser Angebote bedient, um die junge Zielgruppe zu erreichen:

Insgesamt 31 der 160 Top-10-Treffer aller Suchphrasen (19 Prozent) sind auf die pharmazeutische Industrie zurückzuführen oder wurden als unseriös eingestuft. 25 dieser Treffer sind einem Pharmaunternehmen zuzuordnen.

Besonders auffällig sei, dass auf den Seiten selten über die Nebenwirkungen aufgeklärt, stattdessen aber viel Wert auf den positiven Einfluss hormoneller Verhütungsmittel auf Haare und Hautbild gelegt werde. Mit dieser Strategie wird aus der Pille ein bedenkenloser Hübschmacher statt ernstzunehmenden Medikaments mit teilweise starken Nebenwirkungen – vor allem auf Körper, die noch nicht ausgereift sind.

Es geht auch anders

Es gibt Menschen, für die hormonelle Verhütung die beste Option ist – keine Frage. Für alle, die unter Nebenwirkungen leiden oder auf Hormone verzichten wollen, gibt es aber durchaus Alternativen. Zu den bekanntesten Formen nicht hormoneller Verhütung gehören die Barrieremethoden wie Kondome oder Diaphragma. Diese haben wir in diesem Artikel bereits ausführlich erklärt.

Eine weitere mögliche Methode der Verhütung ist die symptothermale Methode, auch Natürliche Familienplanung, kurz NFP, genannt. Dabei wird nach dem Aufstehen die Basaltemperatur, also die Temperatur die der Körper im Ruhestand hat, gemessen und mit Beobachtungen des Zervixschleimes, des Muttermundes oder Symptomen wie Mittelschmerz, Blutungen und Migräne verbunden.

An den unfruchtbaren Tagen kann man ungeschützten Verkehr haben, an allen anderen eine der Barrieremethoden verwenden oder enthaltsam sein. Laut dem pro familia Bundesverband liegt der Pearl-Index von NFP – bei richtiger Anwendung der Methode – bei 0,4. Das bedeutet, dass von 1.000 Frauen, die diese Methode anwenden, vier Frauen schwanger werden. Wobei die Wahrscheinlichkeit bei Enthaltsamkeit niedriger ist, als bei der Verhütung mit Kondomen.

Damit ist NFP genauso sicher wie die Minipille (0,5 bis 3), der Vaginalring (0,4 bis 0,65) oder die Kupferspirale (0,3 bis 0,8). Die Antibabypille hat zum Vergleich einen Pearl-Index von 0,1 – aber eben mit entsprechend starken Nebenwirkungen.

Aufklärung macht schlau

Jede Frau muss am Ende selbst entscheiden, welche Form der Verhütung für ihre Lebensphase, ihre Partnerschaft und ihren Körper die richtige ist. Allzu häufig werden Frauen aber von Industrie und Gynäkolog*innen nicht ausreichend oder einseitig beraten.

Dagegen hilft nur Aufklärung und ein Bewusstsein für die starke Lobbyarbeit der Industrie. Patientinnen können beispielsweise überprüfen, ob Flyer von fragwürdigen Pharmakonzernen im Wartezimmer ihrer gynäkologischen Praxis liegen. Außerdem ist es im höchsten Maße unethisch, wenn Gynäkolog*innen trotz bekannter Probleme mit Embolien oder Depressionen darauf bestehen, hormonelle Verhütungsmittel verschreiben zu wollen. Vor der Verschreibung von bestimmten Produkten ohne entsprechende Aufklärung der Patientinnen, wie beispielsweise der Hormonspirale Mirena, warnte sogar die Bundesärztekammer.

Auf Hormone zu verzichten gilt in einem Umfeld, in dem die Pille immer noch die Norm ist, als riskanter oder gar fahrlässiger Schritt. Viele erleben das Absetzen von Hormonen jedoch als Befreiung. Sie berichten auf Blogs und in Foren über körperliche und psychische Beschwerden, die plötzlich verschwinden, ein gesteigertes Bewusstsein für den eigenen Körper und dessen Prozesse und nicht zuletzt ein engeres Verhältnis zu ihrer eigenen Weiblichkeit.

Es lohnt sich also, das Thema Verhütung noch einmal ganz neu zu betrachten und für sich die Entscheidung zu treffen: Welcher Weg ist der richtige für mich?