Wer sich ungerecht behandelt fühlt, lädt seine Aggressionen irgendwo ab. Nur nicht immer dort, wo sie hingehören. "Generalisierte negative Reziprozität" nennen Psychologen dieses Phänomen.

Der Begriff steht für einen Domino-Effekt, der entsteht, wenn sich Menschen ungerecht behandelt fühlen. Ihre Stimmung verschlechtert sich und wirkt sich negativ auf ihre Entscheidungsfähigkeit aus. Sie lassen ihren Frust an Unbeteiligten ab.

Doch es gibt einen einfachen Ausweg, wie Wissenschaftler der Uniklinik Bonn und Uni Lübeck herausfanden. In einer Studie ließen sie 237 Probanden im "Diktatorspiel" gegeneinander antreten. Das Forscherteam hatte allerdings nur Frauen eingeladen. In einer früheren Studie hatten sie erforscht, dass Frauen eher emotional auf Ungerechtigkeit reagierten als Männer.

Wer Ungerechtigkeit erfährt, wird ungerecht

Vor dem Spiel gaben die Probanden an, wie glücklich sie sich fühlten. Während des Spiels schlüpften Teilnehmerinnen abwechselnd in die Rolle des Diktators. Sie bestimmten, wie viel Geld die anderen bekommen und wie viel sie selbst. Dabei konnte sie entweder fair verteilen oder das Meiste selbst einkassieren.

83 Prozent der "Diktatorinnen" entschieden sich für die unfaire Variante und ließen die anderen Teilnehmerinnen arm zurück. Unfähig sich zu wehren, verschlechterte sich die Stimmung unter den Spielerinnen. "Diese emotionale Aufgeladenheit führt dazu, dass sich unfair Behandelte ebenfalls unfair gegenüber Dritten verhalten", erklärt Psychologin Sabrina Strang.

Das sei ein häufig genutztes Ventil für negative Emotionen. Allerdings entstehe daraus ein Domino-Effekt: Wer ungerecht behandelt wird, fühlt sich schlecht und gibt die Ungerechtigkeit weiter.

Was dagegen hilft, fanden die Forscher im zweiten Teil des Experiments heraus: Sie teilten die Probanden in Gruppen. Der ersten Gruppe wurde eine Zwangspause von drei Minuten auferlegt, in der sie sich von der aufgeladenen Stimmung erholen sollten. Die zweite sollte ein Bild sachlich beschreiben, um sich abzulenken. Die Teilnehmerinnen der dritten Gruppe durften sich per E-Mail bei dem Diktator über das ungerechte Verhalten beschweren.

Schreiben hilft

Das Ergebnis: Wer schreiben durfte, fühlte sich befreiter und handelte im folgenden Spiel weniger unfair anderen Spielern gegenüber. Dabei war es unwesentlich, ob die E-Mail den Diktator tatsächlich erreichte. Allein das Schreiben an den richtigen Adressaten half, die Emotionen zu regulieren.

"Sind die heftigsten Emotionen abgeklungen, setzt bei den Betroffenen meist eine vernunftorientierte Neubewertung der Situation ein", erklärt Studienleiter Bernd Weber. Besonders im Arbeitsleben seien Bewältigungsstrategie wie diese hilfreich.

Also ruhig dem Chef mal richtig Eine geben. Virtuell natürlich. Nur das Absenden solltet ihr überdenken.