"Das würde ich auch gern machen, aber ich kann nicht", diesen Satz habe ich vor meiner Weltreise oft gehört. Gründe dafür gibt es einige und sie sind nicht von der Hand zu weisen: fester Job, feste Beziehung, fest im Dispo.

Doch selbst dann, wenn sie eigentlich könnten, tun es viele Menschen nicht. Das größte Hindernis ist oft Angst. Zum Beispiel vor drastischer Veränderung oder einer krassen Entscheidung mit allen Konsequenzen. Die gute Nachricht: Zumindest dagegen kann man etwas tun.

Ich hatte mein ganzes Leben viele Probleme und Sorgen. Die meisten von ihnen sind aber niemals eingetreten – Mark Twain

1. Ängste aufschreiben und analysieren

Du solltest bei einer Reise nicht automatisch vom Schlimmsten ausgehen. In deiner Heimatstadt bist du ja bisher auch noch nicht erdolcht worden. Falls du auf deiner Reiseliste Orte mit höherem Kriminalitätsrisiko hast, hilft die Webseite des Auswärtigen Amtes bei der Einschätzung und gibt Tipps für vorbeugende Maßnahmen.

Bei den restlichen Sorgen und Bedenken frage dich: Wovor genau hast du Angst – davor, einsam zu sein oder Heimweh zu haben? Pleite zu gehen oder beklaut zu werden? Dich zu langweilen? Hemmungslos raus damit! Mach eine Liste. Was auf dem Papier steht, belastet Kopf und Seele weniger.

Im nächsten Schritt solltest du für jede Angst überprüfen, wie berechtigt sie ist. Also, wie wahrscheinlich ist es, dass Fall X tatsächlich eintritt und wovon hängt das ab? Die Ergebnisse könnten dich überraschen.

Und schließlich hilft bei jeder Angst die Überlegung: Was wäre, wenn es wirklich passiert? Wie ließe sich die Situation meistern und das Problem lösen? Ich hatte zum Beispiel vor meiner Weltreise große Furcht, dass ich ausgeraubt werden und ohne Geld festsitzen würde. Das ist zwar so nicht passiert, aber meine Kreditkare wurde geskimmt, das heißt, jemand hat die Daten ausgelesen, eine Kopie gemacht und damit mein Reisekonto leer geräumt. Die Karte musste gesperrt werden, ich kam gefühlt ewig nicht an Bargeld. Doch mit Geduld, Gelassenheit und der Hilfe anderer Menschen habe ich das Problem bewältigt und meine Reise fortgesetzt. Inzwischen kann ich die Anekdote schmunzelnd erzählen.

Beherzt ist nicht, wer keine Angst kennt, beherzt ist, wer die Angst kennt und sie überwindet – Khalil Gibran

Aber mal Hand aufs Herz: Manchmal hat man in Wahrheit Angst davor, einen lang gehegten Traum Realität werden zu lassen, weil man, sollte er weniger wunderbar sein als in der Fantasie, keine mentale Insel mehr hat, auf die man sich in harten Zeiten gedanklich flüchten kann. Dagegen hilft nur, sich zu überwinden und zu trauen. Am Ende seines Lebens bereut man nämlich die Abenteuer, die man nicht gewagt hat.

2. Klein anfangen

Du musst überhaupt nicht direkt alles hinschmeißen, sondern kannst den großen Traum in kleine Schritte aufteilen. Wer zum Beispiel noch nie allein verreist ist und sich bei dem Gedanken unwohl fühlt, kann einen kurzen Städtetrip buchen – vorzugsweise in einem Land, dessen Sprache man spricht. Wenn das geklappt hat, kannst du länger verreisen, vielleicht zehn Tage oder zwei Wochen. Bis du genug Sicherheit gewonnen hast.

Falls du auf Reisen nicht gern allein sein magst: Hostels sind hervorragend dazu geeignet, Kontakte zu knüpfen und werden mitnichten nur von Teenagern frequentiert. Wer mag, kann unterwegs Tagestouren buchen und Ausflüge machen, auch hier kommst du schnell mit anderen Reisenden ins Gespräch.

Der allerkleinste Schritt in die Richtung ist, allein ein neues Hobby mit anderen anzufangen oder zu Meet-Ups zu gehen und dort neue Menschen kennenzulernen, bevor es mit dem ersten Städtetrip losgeht.

Ohne ein Mindestmaß an Extrovertiertheit und Selbstständigkeit geht es jedoch nicht. Eine Weltreise ist sicher nicht für jede*n und auch nicht in jeder Situation das Richtige. Vor Problemen wegzulaufen hilft nie. Aber eine Reise bringt neue Perspektiven, Klarheit über sich selbst und die eigenen Bedürfnisse. Sie macht offen für Anregungen und Unerwartetes, gibt neue Impulse und hilft dabei, Krisen und Herausforderungen besser bewältigen zu können.

Niemand sagt, dass man gleich jahrelang um die Welt jetten muss. Bei mir waren es sechs Monate; rückblickend halte ich vier Monate für einen geeigneteren Zeitraum. Es geht auch noch kleiner: Den gesamten Jahresurlaub auf einmal nehmen und ein paar Wochen aussteigen kann schon ziemlich glücklich machen. In einigen Unternehmen sind auch Sabbaticals möglich. Besonders einfach ist es, ein paar Wochen oder Monate zwischen Jobwechseln oder nach der Uni einzuplanen.

3. Realitäten schaffen

Klar, ohne Geld geht nichts. Aber wer sparsam reist, in Hostels wohnt, selbst kocht und sich nicht komplett dem Shopping-Gott unterwirft, der*die kann durchaus einigermaßen wirtschaftlich reisen. Je nach Verhalten und Ort könnte man in etwa den gleichen Betrag (oder weniger) ausgeben, den man zu Hause zum Leben braucht.

Wer reist, benötigt auch nicht viel Zeug. Also kannst du schon mal anfangen, deine Wohnung auszumisten und Bücher und Klamotten zu verkaufen. Oder ein Sparschwein aufzustellen und es regelmäßig mit einer festen Summe zu füttern.

Du kannst dich auch für einen Sprachkurs anmelden, um dich vorzubereiten. Oder dir schon mal einen Rucksack besorgen. Eine Weltkarte aufhängen und mit Fähnchen versehen. Einen Globus auf den Nachttisch stellen. Eine Liste mit zu bereisenden Orten machen und dich über jeden einzelnen davon informieren. Dich mit anderen Reisenden auf Facebook, Twitter oder Instagram vernetzen.

Denn mit jedem kleinen Schritt in Richtung Reise holst du deinen Traum ein Stückchen mehr in die Wirklichkeit. Bis du irgendwann im Flieger sitzt und nicht glauben kannst, dass du es wirklich getan hast.

Na, dann: gute Reise!