Hollywood ist menschenverachtend. Alle, außer weiße Heteromänner, können schön die Klappe halten: Frauen, Queers, People of Colour und Menschen mit Behinderung. Mehrere Studien zeigen, wie Minderheiten systematisch auf der Leinwand diskriminiert werden.

Stumme Frauen

Fangen wir bei den Frauen an. Ja, es gibt sie im Film. Sie bekommen aber im Schnitt weniger Spielzeit – und weniger Redeanteile. Das klingt vielleicht nicht überraschend, aber das Ausmaß ist erstaunlich.

Das Geena Davis Institute on Gender in Media in Los Angeles (benannt nach der Schauspielerin Geena Davis, die sich seit Jahren für Gleichberechtigung von Frauen im Filmgeschäft einsetzt) hat eine Software entwickelt, die Filme digital und vor allem schnell nach Redeanteilen weiblicher und männlicher Rollen untersucht. Mithilfe der Software kann ein 90-Minuten-Film innerhalb von 15 Minuten analysiert werden. Der Geena Davis Inclusion Quotient (GD-IQ), der dabei herauskommt, beschreibt den Redeanteil von Mann zu Frau im Film.

Vor kurzem hat das Institut ihre aktuelle Untersuchung der 100 erfolgreichsten Filme aus dem Jahr 2015 veröffentlicht. Das Ergebnis: Männer sind zweimal häufiger auf der Leinwand zu sehen und sprechen dementsprechend doppelt so oft wie Frauen im Film.

Wenn ein Mann die Hauptrolle spielt, spricht er dreimal mehr als Frauen. Keine Überraschung, könnte man meinen. Aber selbst, wenn Frauen die Hauptrolle bekommen (nur 17 Prozent aller Filme) sprechen beide Geschlechter gleich viel. Wenn sowohl Mann als auch Frau Hauptrollen spielen, sprechen Männer immer noch mehr. In Actionfilmen ist die Lücke erwartungsgemäß am größten.

Keine guten Nachrichten. Aber es gibt eine Überraschung: Weibliche Hauptrollen ziehen ein größeres Publikum an und spielen damit mehr Geld (16 Prozent) in die Kassen. Eigentlich doch ein guter Grund, mehr in weibliche – vor allem sprechende – Rollen zu investieren.

Stumme Minderheiten

Kommen wir zur nächsten diskriminierten Gruppe in Hollywood: People of Colour. Eine Studie der University of Southern California (USC) untersuchte die 100 erfolgreichsten US-Filme des Jahres 2015 hinsichtlich der Darstellung von Frauen, ethnischen Minderheiten, LGBT-Menschen und Menschen mit Behinderung. 49 Filme hatten keine sprechende asiatische oder asiatisch-amerikanische Person; 17 keine*n Afroamerikaner*in.

Wie die Studie zudem zeigt: Auch Queers und Menschen mit Behinderung werden stumm gemacht in Hollywood. Von 4.370 sprechenden Rollen lag der Anteil von queeren Personen bei 0,3 Prozent; es waren gerade mal 32 Personen. 19 von ihnen waren schwule Männer, sieben Lesben, fünf Bisexuelle (davon drei Männer) und eine Transperson. Immerhin scheinen es mehr zu werden, denn 2014 gab es nur 19 queere Rollen.

Ähnlich erschreckend verhält es sich bei der Darstellung von Menschen mit Behinderung: Nur 2,4 Prozent der Filme zeigten sie. Und das obwohl sie 18 Prozent der US-Bevölkerung ausmachen.

Gangster of Colour

Aber auch die Art der Darstellung kann diskriminieren. Am Beispiel von Afroamerikanern zeigt sich besonders, wie die Welt Hollywoods nicht mit der Realität übereinstimmt. Eine Untersuchung von 160.000 Rollen in über 26.000 großen US-Filmen hat ergeben: 64 Prozent aller "Gangster" werden in Filmen mit People of Colour besetzt. Und das obwohl nur 35 Prozent der realen Gangster in den USA tatsächlich black sind.

Andere Rollen wie Polizisten spielen sie hingegen nur in 18 Prozent, einen Arzt in 9 und einen Piloten nur in 3 Prozent der Fälle.

Weil diese Form der Diskriminierung so universell ist, hat sich sogar ein eigener Begriff etabliert: "blacktor" bezeichnet in einer Mischung aus "black" und "actor" die Schwierigkeiten, die es für Schauspieler*innen mit sich bringt, wenn sie nicht weiß sind. Schauspieler Bear Bellinger hat einen Artikel darüber geschrieben und sagt: "Ich bin ein schwarzer Mann und muss ständig dem entsprechen, was weiße Menschen – vor allem Männer, die am anderen Ende des Tisches sitzen – unter 'Blackness' verstehen." Er glaube nicht an eine böse Absicht, fühle sich aber "fast nie geschätzt oder verstanden", da sie seine Lebenswelt nicht kennen.

Warum nur ist Hollywood so menschenfeindlich?

Diese Studien bringen sicher nichts zu Tage, was wir nicht geahnt hätten. Und doch drängt sich die Frage auf: Wieso nur? Die Antwort ist einfach: Die Macher der Branche sind immer noch männlich und weiß. Die erfolgreichsten US-Filme aus 2015 wurden von 99 Männern und nur acht Frauen produziert. Und diese Männer zeigen die Welt eben so, wie sie sie kennen oder sehen – und das ist eben nicht die Lebensrealität aller Menschen.

Was also tun? Als Zuschauer*in bleiben zwei Möglichkeiten: 1. Weiterschauen und aushalten, aber nichts verändern; 2. Boykottieren und das Geld in die Indie Szene investieren. Der Wandel Hollywoods muss allerdings von innen heraus kommen. Im Kleinen passiert das bereits: Immer mehr Frauen sprechen den Sexismus in Hollywood offen an. Zum Beispiel im großen Special "The Women of Hollywood Speak Out" der New York Times. Unter dem Motto #OscarsSoWhite wurde die Diskriminierung von People of Colour bei den Oscars kritisiert, weil kein*e Afroamerikaner*in in diesem Jahr nominiert war.

Die Lösung des Problems: Hollywood muss Frauen, Queers, People of Colour und Menschen mit Behinderung in höheren Positionen einstellen. Sie müssen erst hinter der Kamera zum Einsatz kommen, um vor der Kamera zu sehen zu sein.