Neulich sah ich einen Freund wieder, der nach einer 14-monatigen Weltreise wieder zurück nach Berlin kam. Noch während er durch die Eingangstür trat, rief ich schon "Erzähl alles!". Wir saßen die nächsten Stunden im Wohnzimmer und quatschten über vergangene Highlights, er erzählte von seinen Erlebnissen in Südamerika, ich von meinen vergleichsweise unspektakulären in Berlin.

Dabei hätte uns das alles nicht interessieren sollen. Das besagt zumindest eine Studie, die Ende Januar im Wissenschaftsjournal Psychological Science erschien. Laut den durchführenden Psychologen heißt "Erzähl mir von deiner Reise" nämlich eigentlich "Ich frage nach deiner Reise, weil ich höflich bin. Aber bitte halt dich möglichst kurz und zeig mir in Gottes Namen keine Fotos". Die Ergebnisse der Studie belegen: Wir hören uns die Geschichten anderer Leute nicht gerne an. Außer, die Storys sind nicht völlig fremd für uns.

Für die Studie wurden die Teilnehmer*innen in zwei Gruppen aufgeteilt: in Zuhörende und in Erzählende. Letztere sollten sich verschiedene Videos – animierte Kurzfilme, TED-Talks, Natur-Slideshows – ansehen und im Anschluss deren Inhalte der anderen Gruppe nacherzählen. Manche der zuhörenden Gruppenteilnehmer*innen kannten die Videos bereits, manche noch nicht.

Das Ergebnis war, dass diejenigen, die die Videos bereits kannten, sehr viel lieber am Gespräch teilnahmen als die, die zum ersten Mal davon hörten. Nach den Forscher*innen läge das daran, dass wir keine guten Geschichtenerzähler*innen seien. Ist die Erzählung unseres Gegenübers völliges Neuland für uns, entstehe ein Ungleichgewicht zwischen dem, was wir glauben wahrzunehmen, und dem, was wir tatsächlich wahrnehmen. "Die menschliche Sprache ist durchlöchert mit Informationslücken. Vertraute Geschichten erlauben es den Zuhörenden, diese Lücken mit ihrem eigenen Wissen zu füllen", schreiben die Studienautoren. Neue Geschichten könnten zwar durchaus spannend sein. Die meisten Erzählenden seien allerdings nicht in der Lage, sie gut genug zu beschreiben.

Daraus folgt: "Unsere Freunde sind bei Weitem glücklicher, wenn wir ihnen etwas erzählen, das sie bereits wissen. Oder wenn sie zumindest verstehen, worüber wir sprechen", sagt Co-Autor Daniel Gilbert, Psychologe an der Harvard University. Nach ihm würden wir uns zu sehr damit abplagen, unsere Zuhörer*innen in Spannung zu versetzen. Stattdessen würden wir sie verwirren. Bezüglich der Reisegeschichten meines Freundes: Mir kann keine Studie dieser Welt einreden, dass ich nicht trotzdem gerne zugehört hätte.