Bereits vor der Bundestagswahl wurde viel diskutiert, ob und wie stark Fake News die Wahl beeinflussen werden. Eines ist klar, die befürchtete Welle der Überschwemmung von Fake News blieb aus. Trotzdem gab es einige Nachrichten, die sich hartnäckig auf den sozialen Kanälen verbreiteten. Sie wurden tausendfach geteilt, trotz zweifelhafter Quellen.

Die Berliner Denkfabrik Stiftung Neue Verantwortung hat nun erstmals Zahlen erhoben, wie anfällig die Wähler*innen verschiedener Parteien für derartige Fake News sind. Die Zahlen beruhen auf der Telefonbefragung von etwas mehr als 1.000 Wähler*innen in den Tagen nach der Bundestagswahl. Sie zeigen unter anderem: AfD-Wähler*innen hielten einige vor der Wahl kursierende Falschmeldungen häufiger für wahr als die Wähler*innen anderer Parteien.

Alexander Sängerlaub ist Kommunikationswissenschaftler und leitete die Studie. Sein Spezialgebiet: Medien im digitalen Wandel: Fake News. "Nach den Wahlen in den USA sind Fake News ein Riesenthema geworden. Unser Anliegen war und ist es herauszufinden, wie sich das Phänomen von Desinformation in Deutschland zur Bundestagswahl darstellte." Jedes Studienergebnis sei ein Puzzlestück für die Versachlichung der Debatte.

Dazu befragte er gemeinsam mit seinem Team 1.037 Wähler*innen, welche Medien sie im Wahlkampf genutzt haben, wie sie die Glaubwürdigkeit einschätzen und ob sie ausgewählte Fake News glauben oder nicht.

Dabei zeigte sich, dass Fake News besonders gut bei den Themen Geflüchtete und innere Sicherheit funktionieren zu scheinen: 41 Prozent der AfD-Wähler*innen waren beispielsweise davon überzeugt, dass Geflüchtete in Deutschland kostenlos einen Führerschein vom Staat finanziert bekommen. 75 Prozent der befragten AfD-Wähler*innen glaubten, dass mehr als die Hälfte der Geflüchteten keinen Schulabschluss hätten. Diese hohe Zahl ist auch damit zu erklären, dass die Bild Zeitung über eine falsche Statistik berichtete, wie es die Recherchen von motherboard zeigen.

Umgekehrt hatten es echte News bei AfD-Wähler*innen schwer: Über die Hälfte hielt die Forderung von SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz nach einem Arbeitslosengeld Q für Fake News.

70 Prozent der AfD-Wähler*innen halten Medien für wenig glaubwürdig

Warum Fake News gerade bei AfD-Wähler*innen so gut ankommen, liegt mitunter daran, dass diese den klassischen Medien nicht vertrauen. 70 Prozent der AfD-Wähler*innen halten die Medien für wenig glaubwürdig bis unglaubwürdig. Wie sehr dieser Wert nach politischer Ausrichtung variiert, zeigt ein Blick auf das Ergebnis der Grünen: 78 Prozent der Grün-Wählenden schätzen die Medien für eher glaubwürdig bis sehr glaubwürdig ein.

Da AfD-Wähler*innen den klassischen Medienangeboten eher nicht vertrauen, holen sie sich ihre Informationen über Social Media, Foren, Blogs oder Nachrichtenseiten wie Epoch Times und RT Deutsch – wo sie sich ausschließlich in ihren Echokammern bewegen und mit ähnlich denkenden Menschen kommunizieren. Die Studie bestätigt damit die Vermutung: Fake News werden dann geglaubt, wenn sie in das Weltbild passen.

Bewusst gefakte News

So sind Fake News in Deutschland zu einem Teil einer Kommunikationsstrategie geworden. Sie werden vor allem von Rechtspopulist*innen und Rechtsextremen benutzt, um ein verzerrtes Weltbild voranzutreiben. Ein Zitat von Christian Lüth, dem Pressesprecher der AfD, macht klar, wie Fake News auch von der Partei genutzt werden. Auf die Frage, warum die AfD bewusst Fake News teilen würde, antwortete er: "Wenn die Message stimmt, ist uns eigentlich egal, woher das Ganze kommt oder wie es erstellt wurde. Dann ist es auch nicht so tragisch, dass es fake ist."

Fake News werden dann geglaubt, wenn sie in das Weltbild passen."

Alles in allem führen Fake News allein zwar nicht dazu, dass Menschen der AfD ihre Stimme geben, tragen aber zu einem verzerrten Weltbild bei. Studienautor Sängerlaub sagt dazu: "Fake News sind ja nur ein Symptom für einen massiven Medienwandel, der gerade in der digitalen Welt stattfindet. Die Grundsatzfrage bleibt, wie erreichen gut recherchierte und aufbereitete Informationen noch die Leserinnen und Leser."

Besonders interessant an der Studie ist, dass die Jüngeren, welche sehr viel Zeit online verbringen und verstärkt ihre Inhalte dort konsumieren, nicht anfälliger für Fake News sind – im Gegenteil. Laut Sängerlaub zeige dieses Ergebnis deutlich, dass man gerade mit erhöhter Medienkompetenz Fake News entgegenwirken könne.

Die Studie ist hier im Detail nachzulesen.

Hinweis: Im ursprünglichen Text stand: "Umgekehrt hatten es echte News bei AfD-Wähler*innen besonders schwer: Über die Hälfte hielt die Forderung von SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz nach einem Arbeitslosengeld Q für Fake News." Dies wird durch die Studienergebnisse aber nicht gestützt. Wir haben den Satz deshalb geändert: "Umgekehrt hatten es echte News bei AfD-Wähler*innen schwer: Über die Hälfte hielt die Forderung von SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz nach einem Arbeitslosengeld Q für Fake News."