Gleichgeschlechtlichen Paaren die Eheschließung zu verbieten, sei mit der Verfassung Taiwans nicht vertretbar. Das entschieden die obersten Verfassungsrichter*innen des Landes. Zuvor hatten Aktivist*innen der LGBT-Community eine Petition eingereicht, die eine Überprüfung der aktuellen Gesetzeslage forderte.

Bisher war die Ehe in Taiwan ausschließlich als Verbindung zwischen Mann und Frau definiert. Eine Lebensgemeinschaft gleichgeschlechtlicher Paare hätte mit einem gesonderten Gesetz abgesichert werden müssen. Das dies nicht verfassungskonform ist, bestätigte das Gericht nun mit seiner Entscheidung.

Ehe kennt kein Geschlecht

In einer Stellungnahme erklärten die Richter*innen zudem ausführlich, weshalb sie sich trotz vieler besorgter Stimmen für die Ehe für alle aussprachen:

Die Gründung einer permanenten Vereinigung exklusiver Natur zweier gleichgeschlechtlicher Menschen für den bindenden Zweck, ein gemeinsames Leben zu organisieren, wird keine Auswirkungen auf die Eheschließung zweier Menschen unterschiedlichen Geschlechtes haben."

Für sie ist das Argument der Kritiker*innen, die Ehe für alle würde traditionelle Familienmodelle und damit auch die Gesellschaft gefährden oder zerstören, Unfug.

Die Freiheit, eine Ehe auch unter gleichgeschlechtlichen Partner schließen zu können, wird, sobald sie legal anerkannt ist, gemeinsam mit der Ehe nicht gleichgeschlechtlicher Partner eine kollektive Grundlage für eine stabile Gesellschaft bilden."

Dem ist nun wirklich nichts hinzuzufügen.

Der Countdown läuft

Die Entscheidung der Richter*innen ändert allerdings nicht sofort die Gesetzeslage in Taiwan. Die Regierung hat zwei Jahre Zeit, um entweder das Gesetz zu überarbeiten oder ein neues vorzuschlagen, das auch gleichgeschlechtliche Partnerschaften berücksichtigt. Sollte sie das Gesetz bis dahin nicht selbst geändert haben, würde die Entscheidung der Verfassungsrichter*innen über den Gesetzen des Landes stehen:

"Alle Personen sollen, sobald sie sich [mit den entsprechenden Dokumenten und zwei Zeugen] registrieren, einen Anspruch darauf haben, legal als Paar anerkannt zu werden und die vollen Rechte und Pflichten genießen, die aus einer Partnerschaft entstehen."

Damit würde es also auch unter geltendem Recht für gleichgeschlechtliche Paare möglich sein, gesetzlich als Partner*innen anerkannt zu werden. So haben die Richter*innen es den Konservativen faktisch unmöglich gemacht, eine Gesetzesänderung einfach auszusitzen.

Sollte ihnen nicht eine andere Regierung zuvorkommen, wäre Taiwan damit das erste asiatische Land, in dem auch gleichgeschlechtliche Paare legal heiraten dürfen. Ein erster Schritt ist auf jeden Fall getan und die vielen verliebten Paare, die vor dem Gerichtsgebäude die Entscheidung der Richter*innen feierten, werden sich ihr Recht auf eine Eheschließung vermutlich nicht mehr nehmen lassen.