Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hat am vergangenen Wochenende knapp das Verfassungsreferendum gewonnen. Das macht ihn ab 2019 quasi zum alleinigen Herrscher der Türkei. Rund die Hälfte aller Türk*innen hatten gegen das Präsidialsystem gestimmt. Hunderttausende fühlen sich jetzt betrogen.

Insbesondere jungen Menschen in den großen Städten der Türkei macht das neue Ein-Mann-Herrschaftssystem Angst, wie etwa der Standard berichtet. Am Sonntagabend starteten sie Proteste in Ankara, Istanbul und Izmir. "Wir wollen keinen Faschismus", riefen die Demonstrant*innen in der Hauptstadt Ankara, und: "Dieb, Mörder, Erdoğan."

"Die mit den Kochtöpfen und Pfannen"

In Istanbul zogen die Menschen mit Töpfen und Pfannen durch die Stadt, um ihrer Unzufriedenheit Ausdruck zu verleihen. Die Aktion erinnert an die Gezi-Proteste vom Sommer 2013, damals waren Anwohner*innen ebenfalls mit Kochtöpfen als Zeichen des Protests auf die Straße gegangen.

Erdoğan verspottete die Demonstrant*innen am Montagabend in einer Ansprache vor dem Präsidentenpalast. "Während das Ergebnis vom 16. April unser Volk zufriedengestellt und glücklich gemacht hat, hat es andere ganz ohne Zweifel enttäuscht", sagte er. "Wie ich sehe, sind die mit den Kochtöpfen und Pfannen wieder aufgetaucht."

Westliche Politiker*innen in der EU äußerten sich bisher zurückhaltend zu dem Abstimmungsergebnis, Wahlbeobachter*innen kritisieren das Referendum.

Doch nicht allen bereitet die kommende Quasi-Diktatur Sorge: Wie die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu unter Berufung auf Regierungskreise berichtete, habe es eine Gratulation aus dem Weißen Haus gegeben. Mittlerweile wurde ein Anruf von Donald Trump laut Slate offiziell bestätigt. Der US-Präsident habe Erdoğan demzufolge beglückwünscht und sich gleichzeitig für die Unterstützung bei seinem umstrittenen Raketenangriff auf Syrien bedankt.

Gratulationen kamen offenbar auch aus Katar, Pakistan, dem Sudan und Kenia; allesamt Staaten mit ähnlich radikalen politischen Strukturen. Die türkische Regierung hat währenddessen eine erneute Verlängerung des Ausnahmezustands beschlossen, der nach dem missglückten Militärputsch

im vergangenen Juli in Kraft getreten war – und Erdoğan so viel Macht verschafft, wie ein einzelner Mensch in einem Staat haben kann.

Vorbehaltlich der Zustimmung des Parlaments soll der Ausnahmezustand nun mindestens drei weitere Monate in Kraft bleiben, wie Vize-Ministerpräsident Numan Kurtulmuş am Montag ankündigte. Der Ausnahmezustand wäre in der Nacht zum Mittwoch ausgelaufen.

Das dürfte sich für die Gegner*innen des Referendums wie zusätzliches Salz in der Wunde anfühlen und ihren Standpunkt erst recht verhärten. Die Proteste in der Türkei jedenfalls halten an. Auf Schildern der Gruppe Hayir Beşiktaş in Istanbul steht:

Das Nein ist nicht zu Ende. Es fängt gerade erst an."