Er ist jung, er ist charismatisch und er ist ein Mann, den wohl viele gerne als Nachbarn haben möchten: der 39-jährige Emmanuel Macron, Präsidendschaftskandidat und Gründer der Bewegung En Marche.

Auch Madeleine Mowinckel würde gerne mal einen vin chaud mit Macron trinken gehen. Die 26-jährige ist Mitglied der Jeunes avec Emmanuel Macron in Berlin, einem jungen deutschen Ableger von En Marche. Bisher treffen sich monatlich rund 20 Macronisten in einem Hotel in der Hauptstadt, um Macrons Kampagne zu unterstützen. Die Treffen sollen mit den kommenden Stichwahlen Anfang Mai häufiger werden.

Zu Macrons Anhänger*innen zählen viele junge Menschen. Kein Wunder – Macron ist mit seinen 39 Jahren mit Abstand der jüngste Präsidentschaftsbewerber und gilt als erster chancenreicher Kandidat der jungen Generation. Viele seiner Unterstützer*innen opfern ihre Freizeit oder pausieren sogar ihr Studium, um Wahlkampf für Macron zu machen. Was motiviert diese Menschen?

Bevor sich Madeleine für En Marche engagierte, war sie kaum politisch aktiv. Die studierte Ingenieurin und Wahlberlinerin wohnt noch nicht mal in Frankreich. "Als halbe Französin fühlte es sich bei der aktuellen Lage einfach natürlich an, aktiv zu werden", sagt sie, als wir bei Café au lait in Berlin Kreuzberg sitzen. "Ich habe zwar meinen Bachelor in Frankreich absolviert und verfolgte dort das tagesaktuelle, politische Geschehen. Aber jetzt, wo der Wahlkampf mit Le Pen und Fillon sich immer mehr zuspitzt, kann ich nicht mehr nur zuschauen", erzählt sie.

Im Januar sah sie Macron zum ersten Mal bei einem seiner Auftritte in Berlin. Dort kam sie auch mit der Organisation Jeunes avec Emmanuel Macron, auf Deutsch Die Jugend für Macron, in Kontakt. Etwa zwei Tage die Woche opfert Madeleine nun, um vor internationalen Unis Flyer auszuteilen, Veranstaltungen zu organisieren oder Mitglieder für die Organisation zu gewinnen. Dafür gab sie ihr Ehrenamt im Studienparlament der Humboldt Universität auf. Gerne würde sie sich sogar noch mehr engagieren – doch das ließe sich neben Studium und Arbeit kaum einrichten.

Macron ist mutig. Er sucht nicht immer nur die einfachen Antworten." – Madeleine

Zu den vergangenen zwei Info-Veranstaltungen kamen jeweils rund hundert Menschen, die meisten von ihnen sind in Deutschland lebende französische Bürger*innen. Dort werden Sorgen geteilt, Macrons Programm diskutiert und Fragen beantwortet. Doch was fasziniert all diese Menschen an Macron?

"Macron ist mutig. Er sucht nicht immer nur die einfachen Antworten", wie es bei Populist*innen so üblich ist. " Er möchte die Ursachen für komplexe Probleme bekämpfen", sagt Madeleine. Wie zum Beispiel in der Diskussion über das Taxi-Unternehmen Uber. Anstatt das Verbot des Unternehmens zu fordern, wie es zum Beispiel der aktuelle Präsident Hollande tut, möchte Macron für bessere Arbeitsbedingungen der Fahrer*innen kämpfen.

"Auch Banker können gute Menschen sein"

"Außerdem unterstütze ich seine Pro-Europapolitik, seinen Individualismus und die Art, wie er versucht, das Vertrauen in die französische Politik wieder aufzubauen", sagt Madeleine. Während dem Republikaner Francois Fillon, der rechten Kandidatin Le Pen, dem abgeschlagenen konservativen Alain Juppé und dem ehemaligen Präsidenten Francois Sarkozy Korruption nachgesagt wird, bleibt Macron bisher unbefleckt.

Le Pen versuchte im Wahlkampf immer wieder, Macron, dem ehemaligen Investmentbanker, das Image des politisch unerfahrenen Akademikers aufzudrücken. Zwar kommt der sozial- und wirtschaftsliberale Politiker aus einem elitären Haushalt, doch lässt er sich davon nicht viel anmerken. Sowieso, meint Madeleine, sei die Kritik an seinem ehemaligen Bankerjob überflüssig. "Auch Banker können gute Menschen sein", sagt sie. Außerdem solle es in der Politik mehr um Inhalte als um die Persönlichkeit des*der Politiker*in gehen. Das nerve sie besonders am aktuellen Wahlkampf, der dem in den USA stark gleiche.

Dass Macron bei seinen Wahlkampf seine charismatischen Superstar-Attitüden ablegt, kann man jedoch nicht behaupten. Umjubelt von Tausenden Menschen in Blau-Weiß-Rot streckt der Kandidat bei seinen Reden die Hände in die Höhe und schreit "Vive la France!". Die Menge tobt. Außerdem zeige er sich, so Kritiker*innen, gerne mit seiner 24 Jahre älteren Frau, um seine Liberalität zu unterstreichen. Solche Auftritte will die französische Wählerschaft sehen, sagt Madeleine. Kandidat*innen, die das nicht täten, wie der Sozialist Benoît Hamon, bekämen eben keine Stimmen. Ein Fan davon sei sie dennoch nicht.

Von Macron fühle ich mich wenigstens gehört!" – Madleine

"Von Macron fühle ich mich wenigstens gehört", meint Madeleine. Anstatt andere Kandidat*innen schlecht zu machen, fragen die Macronisten nach. "Die Wahlkampf-Mails der Républicains machen mich wütend. Anstatt für sein Programm zu werben, stellt er die seiner Konkurrent*innen in Frage. Von En Marche hingegen kamen Mails, die meine Wünsche für ein besseres Frankreich abfragten." Mit dieser Strategie scheint der parteiunabhängige Macron so erfolgreich zu sein, dass viele seinen Sieg schon prognostizieren.

Madeleine bleibt jedoch vorsichtig optimistisch: "Es ist wichtig, dass die Franzosen Macron schon bei dem ersten Wahlgang wählen und nicht nur bei der zweiten Runde, um Le Pen zu blocken." Die Angst bleibt, dass die Franzosen nicht das drohende Desaster im Falle von Le Pens Wahlsieg sehen. Man schaue sich nur die US-Wahlen oder den Brexit-Fall an. Doch letztendlich glaube sie natürlich an Macrons Wahlsieg – "Ich muss!"