Regelmäßig höre ich, was meine Generation ausmacht: Wir haben keine Lust mehr auf das exklusive Beziehungsmodell und probieren uns bis Mitte dreißig aus, um bloß nicht frühzeitig in einer Klischeepartnerschaft zu enden.

Tatsächlich ist mein Freundeskreis voll von Leuten, die monogame Beziehungen eher langweilig finden: glückliche Beziehungsunfähige, Polyamore, Pärchen in offenen Beziehungen und Pärchen, die sich betrogen haben und trotzdem oder genau deswegen wieder zusammen sind. Ich hingegen bin seit drei Jahren glücklich und treu in einer Beziehung und muss regelmäßig erklären, warum.

Wird das nicht langweilig?

Ein guter Freund wollte von mir wissen, ob ich mich nicht langweile. So eine langjährige Beziehung und dann auch noch durchgehend treu sein. Er verstehe gar nicht, wie ich das aushalte. Aber ich bin nicht gemacht für eine offene Beziehung, denn ich werde schnell eifersüchtig und konzentriere meine Liebe und Leidenschaft gerne auf eine Person. Ich bin mir außerdem ziemlich sicher, dass ich nur eine Person zur gleichen Zeit lieben kann.

Beziehungsmodelle jenseits der traditionellen Partnerschaft sind also nichts für mich. Sobald ich mich für jemanden entscheide, möchte ich ihn ungern an eine*n andere*n verlieren. Natürlich finde ich auch andere Männer attraktiv und flirte gerne, aber weiter würde ich nicht gehen. Ich bin gerne treu.

Ich gehe eine Beziehung nicht mit dem Anspruch ein, für immer mit meinem Partner zusammenzubleiben. Das ist zwar eine schöne Vorstellung, würde mich aber vor allem unter Druck setzen. Viel schöner finde ich es, die Beziehung auf mich zukommen zu lassen. Zu sehen, was sich aus einem Summer Fling entwickelt. Dann erwarte ich irgendwann von meinem Partner, dass er mir treu ist, denn ich bin es auch.

Alltägliche Treue

Eine Partnerschaft, in der ich treu bin, gibt mir Sicherheit, weil ich das Gleiche von meinem Freund erwarten kann. Ich hinterfrage nicht, ob oder warum wir uns treu sind. Wir sind es einfach. Treue bedeutet, dass wir uns zueinander bekennen und uns sicher sein können, dass es in unserer Beziehung nur uns zwei gibt. Und Treue bedeutet dann eben auch, dass wir mit niemand anderem ins Bett gehen.

Besonders schön ist es, diese Treue tatsächlich im Alltag zu spüren: jemanden zu haben, der einfach zu mir gehört und sicher zu sein, dass wir auf jeden Fall zusammen die Party verlassen, wenn einer von uns die Musik mies findet.

Schon so lange und so intensiv den Alltag miteinander zu teilen lässt außerdem ein Vertrauen entstehen, das ich zu keinem anderen Menschen habe. Wir haben gemeinsame Geheimnisse und erleben Geschichten zusammen, mit denen wir unsere Freund*innen jedes Mal aufs Neue langweilen. Storys aus unserer Schulzeit hingegen können wir uns gegenseitig Tausende Male erzählen und sie immer wieder richtig, richtig süß und immer noch lustig finden. Nur neben ihm kann ich mit der Gewissheit einschlafen, dass ich am nächsten Morgen erfahre, wie die Drei-Fragezeichen-Folge ausgegangen ist, weil er sie noch zu Ende hört, während ich nach zehn Minuten wegschlummere.

Diese Momente könnte ich nicht mehr genießen, wenn ich meinen Freund betrügen würde. Denn selbst wenn wir irgendwann mal zusammenziehen, heiraten, eine marokkanische Straßenkatze adoptieren und viele süße Kinder bekommen – egal, wie glücklich wir wären, ich würde die ganze Zeit fürchten, dass die Bombe explodiert, die ich durch meine Untreue im Fundament unserer Beziehung platziert habe. Mit jedem Liebesgeständnis würde der Schaden umso größer werden.

Eine Frage der Bequemlichkeit

Der unspektakulärste, aber womöglich am meisten verbreitete Grund für Treue ist, dass es nun mal super bequem ist, in einer langjährigen Beziehung zu sein, in der sich die Partner*innen nicht betrügen, sondern einfach vertrauen. Total Klischee halt. Ganze Wochenenden in unansehnlichen Gammeloutfits zu verbringen, sich keine Sorgen um unrasierte Körperregionen zu machen, ziemlich gut zu wissen, was der*die andere will und sich im Dunkeln bestens miteinander zurechtzufinden – das ist richtig schöner Beziehungskitsch, aber ich steh total drauf.