Wo kommt das Feuerwerk für Silvester her, was macht die Industrie nach Silvester und wo bleiben eigentlich die Bio-Böller? Ein Interview mit Klaus Gotzen, Geschäftsführer des Verbands der pyrotechnischen Industrie.

Herr Gotzen, wie wird man Geschäftsführer des Verbands der pyrotechnischen Industrie?
Klaus Gotzen: Das war eher Zufall. Ich habe mich nach meinem Jurastudium jobsuchend gemeldet. Mein Vorgänger suchte damals einen Nachfolger und sah das. Weil wir aus der gleichen Gegend kommen, hat er mich angeschrieben und ich kam zum Vorstellungsgespräch. Ich hatte vorher mit der Pyrotechnik gar nichts am Hut.

Sie sind also nicht mit Schwarzpulverdampf aufgewachsen?
Nein, ganz und gar nicht. Aber jetzt bin ich schon seit 23 Jahren hier und mir ist die Branche mittlerweile ans Herz gewachsen. Wenn alles gut läuft, versuche ich, bis zum Rentenalter hier zu bleiben.

Feuerwerk kann man lediglich an ein paar Tagen im Jahr kaufen, wovon lebt die Industrie im Rest des Jahres?
Bei uns geht es schon am 2. Januar wieder los. Da wird geplant, was im kommenden Jahr auf den Markt kommen soll, wir schließen Lieferverträge ab und dann wird produziert, dass zum Jahresende wieder alle Läden ihre Ware bekommen. Meistens ist es ja so, dass Ketten wie Aldi und Co. beliefert werden müssen und das ist eine logistische Herausforderung.

Sollte Feuerwerk Ihrer Meinung nach das ganze Jahr über verkauft werden?
Das würde den Reiz des Silvesterfestes nehmen. Worüber man nachdenken könnte, wäre noch ein zweiter Tag im Jahr, sowas gibt es in anderen Ländern. Aber ich glaube, unser Umsatz wäre nicht anders, wenn man Feuerwerk das ganze Jahr kaufen könnte. Und es wäre nichts Besonderes mehr.

Wie viele Produktionsstätten gibt es überhaupt noch in Deutschland?
Es gibt noch drei große Anbieter in Deutschland. Das ist Weco mit Fabriken in Eitorf (Nordrhein-Westfalen) und Kiel. Dann gibt es noch Nico und Comet, die produzieren aber nicht mehr in Deutschland, sondern lassen in Fernost herstellen. Das war früher, als ich angefangen habe, noch anders. Mittlerweile macht Importware 75 Prozent des Silvesterumsatzes aus. Das ist einfach günstiger.

Drei große Anbieter klingt übersichtlich. Worin besteht dann ihre Arbeit als Geschäftsführer des Verbandes?
Ich sitze hier und warte bis Silvester (lacht). Nein, im Ernst: Wir versuchen, die Interessen unserer Firmen zu vertreten. Alle Artikel unterliegen einer Zulassung und dafür müssen Normen kreiert werden. Da versuchen wir, mit unseren Technikern gute Lösungen zu finden, dass die vernünftig ausgestaltet sind. Oder es wird beispielsweise das Sprengstoffgesetz geändert und dann versuchen wir, dass es so gestaltet wird, dass unsere Unternehmen weiterhin ihre Produkte auf den Markt bringen können.

Hat sich durch die jüngsten Terroranschläge etwas in Ihrer Branche geändert?
Da die Anschläge ja meistens mit ganz anderen Gegenständen begangen wurden, sind wir noch nicht in diesen Fokus geraten. Natürlich muss man immer schauen, dass manche Ausgangsstoffe, die auch für die Produktion von Feuerwerk verwendet werden, nur in die Hände von Leuten geraten, für die sie vorgesehen sind. Aber davon abgesehen ist das Thema Terror bist jetzt eins, das uns nicht betrifft.

Wie feiern Sie selbst Silvester?
Wir feiern zu Hause, meine Geschwister kommen, meine Kinder mit ihren Partnern werden zu uns kommen. Ich habe schon einiges an Feuerwerk und ein bisschen was werden wir in der Silvesternacht in die Luft hochschießen.

Sind Sie dann an Neujahr mit dem Besen unterwegs und kehren wieder alles zusammen?
In der Tat. Mein Standpunkt ist: Das, was man da in die Luft schießt, sollte man hinterher wieder vernünftig wegräumen. Ich benutze fast nur noch Batteriefeuerwerk, das kann man anzünden, hat seine Unterhaltung und kann es hinterher zur Seite räumen und in den Müll geben.

Das wird bei Böllern kaum jemand machen.
Größtenteils ist es leider Gottes so. Als es früher noch kein Batteriefeuerwerk gab, hab ich versucht, die abgefeuerten Sachen so gut es geht wieder einzusammeln. Wenn jeder da ein Stück einsichtig ist und dieses auch tut, wäre es sicher auch einfacher.

Für die Stadtreinigungen ist die Zeit nach Neujahr eine der arbeitsreichsten. Ist in Feuerwerk eine Art Müllgebühr eingepreist?
Nein. Aber das haben Sie bei vielen anderen Großveranstaltungen auch, etwa an Karneval oder nach Konzerten. Wenn man schaut, wie es da nachher aussieht, da muss dann auch die Kehrmaschine hinterher. Ich weiß jetzt nicht, ob da die Frage auch aufkommt, ob die Gebühren schon beinhaltet sind.

Silvester ist eine große Party für die Menschen, für die Umwelt ist der Tag eher kein Fest. In Feuerwerk werden Stoffen wie Barium und Strontium verbrannt. Wie stehen Sie dazu?
So dramatisch ist das alles nicht. Das, was an Verbrennungsprodukten anfällt, sind in erster Linie Schwebstäube. Da kann es in Ballungsgebieten an Silvester dazu kommen, dass die Konzentrationen erhöht sind, aber das legt sich meist in ein bis drei Stunden, so dass am nächsten Tag nichts mehr davon zu spüren ist. Die Stoffe wie Barium werden ja nicht so freigesetzt, sondern als Verbrennungsprodukte und unseren Erkenntnissen nach sind sie nicht gefährlich für die Umwelt oder die Menschen.

Und wann kommen die ersten Bio-Böller?
Das Problem ist: Wenn man was an den Himmel zaubern will, muss es halt irgendwie mit Schwarzpulver da oben hingebracht werden. Man braucht Inhaltsstoffe, die verbrannt werden müssen. Da jetzt irgendwas hinzubekommen, wo hinterher keine Schwebstäube oder kein Rauch entsteht, das ist technisch nicht machbar.