Seitdem ich sie kenne, fast 18 Jahre lang, ist Katharina single. Sie hangelte sich von Liebschaft zu Liebschaft ohne jemals eine feste Bindung einzugehen. Wie sehr habe ich als beste Freundin gehofft, dass Katharina endlich einen Mann finden würde, der sie, nicht nur über wenige Tage hinweg, glücklich machen könnte. Der Wunsch, sie endlich vor Verliebtheit strahlen zu sehen, war stark, aber immer verbunden mit einem mulmigen Gefühl.

Was würde es mit unserer Freundschaft machen, wenn ihre Zuneigung und Aufmerksamkeit plötzlich einem Mann und nicht mehr mir gälten?

Als sie mir vor einigen Wochen Michael vorstellte, schob ich ihn fast reflexartig in die Der-geht-so-schnell-wie-er-gekommen-ist-Ecke. Ich kannte es nicht anders. Hier ein motivierendes "Der passt aber gut zu dir" und dort ein mahnendes "Wenn er dir weh tut, bekommt er es mit mir zu tun". Das normale Geplänkel eben, wenn Katharina von einem neuen Mann in ihrem Leben sprach. Geht eh wieder vorbei, dachte ich. Doch Michael blieb. So langsam spürte ich, dass es dieses Mal anders war.

Sie und ich – wir genügten uns

Was mich eigentlich hätte freuen sollen, löste zwiegespaltene Gefühle in mir aus. Ob sich Katharina in einer Beziehung noch für unsere Freundschaft interessieren würde? Was wäre, wenn sie komplett in ihrer Liebe aufginge und die Menschen, die sie durch ihre Singlezeit begleiteten, gar nicht mehr bräuchte? Menschen wie mich. Meine Sorgen waren nicht unbegründet, verabschiedeten sich in dieser Zeit immer häufiger ehemals enge Freund*innen aus unserem Freundeskreis, weil sie wie Magneten an ihren Partner*innen klebten.

In Gedanken durchlebte ich die schönsten Momente, die Katharina und ich in den letzten Jahren gemeinsam hatten. Alle hatten nur zwischen uns beiden stattgefunden. Sie und ich – wir genügten uns. Als eingespieltes Team waren wir durch dick und dünn gegangen, ohne dass ein Blatt zwischen uns kam. Doch nun gab es ihn, den zwei Köpfe größeren Michael, der ebenfalls um Katharinas Aufmerksamkeit buhlte.

Ekelige Eifersucht stieg in mir hoch, als ich mich vernachlässigt fühlte

Wir hatten uns vorgenommen, zusammen in einem Studierendenclub feiern zu gehen. Aus einem eingespielten Team war plötzlich ein Dreiergespann geworden, welches etwas unbeholfen miteinander umging. Michael stand zwischen uns, im wahrsten Sinne des Wortes. Meine Gedanken fingen an, mir komische Sätze zuzuflüstern: Katharina, kümmere dich doch mal um mich. Tanz mit mir. Schau mich wenigstens einmal an, wenn du deine Blicke von deinem Herzensmann lösen kannst.

Ich spürte ekelige Eifersucht, die ich sonst nur aus Paarbeziehungen kannte.

Meine Laune begann zu sinken. Sonst war ich Katharinas Bezugsperson, nun wurde ich ersetzt. Es dauerte eine Weile, bis ich es schaffte, gegen die eifersüchtigen Stimmen in meinem Kopf anzukämpfen. Was ich – während ich intensiv mit meinem eigenen Befinden beschäftigt war – nicht bemerkt hatte, war, wie sehr Katharina in Michaels Armen strahlte. Ich hatte sie noch nie so glücklich gesehen. Jede Berührung, die zwischen den beiden stattfand, wirkte so liebevoll, dass man nicht geahnt hätte, wie kurz sich die beiden eigentlich erst kannten. Ohne dass es mir bewusst war, musste auch ich lächeln.

In mir stellte sich Ruhe ein, die Eifersucht nahm ab. Ich freute mich. Ich freute mich über das Glück meiner besten Freundin, die ich seit fast 18 Jahren so sehr liebte, dass ich sie nur schwer freigeben konnte. Sie zumindest für den Moment gehen zu lassen, fiel mir auf einmal leichter. Ich wusste, dass Michael ihr ein gutes Gefühl gab.

Jede Veränderung kann eine Chance sein, auch für unsere Freundschaft

Als Katharina mir kurze Zeit später vor Freude springend wie ein Flummi erzählte, dass sie nun eine vergebene Frau sei, schwappte ihr Glücksgefühl direkt auf mich über – fast so, als hätte ich gerade selbst Ja zu einer festen Bindung gesagt. Ich umarmte sie und drückte ihr einen Kuss auf die Wange. Mein Signal: Ich freue mich für dich und bin an deiner Seite, komme was wolle.

Ich bin gespannt, wie sich Katharina während ihrer frischen Beziehung entwickeln wird. Ein paar Restängste, dass sich unsere enge Freundschaft mit der Zeit verlieren könnte, bleiben. Um diese nicht zu groß werden zu lassen, habe ich einen gemeinsamen Pärchenabend organisiert. Eine Veränderung kann schließlich auch eine Chance sein, zum Beispiel für viele nette Abende zu viert.

Willkommen in der Welt der großen Gefühle, liebe Katharina. Du weißt, ich bin immer für dich da und meine Schulter zum Anlehnen ist weich.