Ich weiß noch ziemlich genau, wie sich mein erstes Jobangebot angefühlt hat. Ich tigerte den ganzen Tag durch die Wohnung, mein Handy stets in Griffweite. Ich war so nervös, dass ich anfing Plätzchen zu backen und anschließend alle aufaß. Bis der Anruf kam, war ich nicht nur nervös, sondern mir war auch noch schlecht.

Dann klingelte endlich das Telefon. Ich hatte ihn sicher: Meinen ersten richtigen Job. Ich sprang vor Freude und Erleichterung umher. Noch vor 24 Stunden hatte ich auf dem Küchenboden gekauert und einem Freund schluchzend erklärt, ich sei wertlos und selber schuld. Mit mir und der Arbeitswelt würde es nie klappen. Jetzt war auf einmal alles gut. Ich war wieder wer.

Der erste Job ist etwas Besonderes. Er befreit einen von der latenten Unsicherheit der Ausbildung oder des Studiums. Man verdient sein eigenes Geld. Der Ausdruck "auf eigenen Beinen stehen" ist dafür tatsächlich ein passendes Bild.

Die ersten Monate im Beruf fühlen sich meist gut an. Man hat endlich etwas vorzuweisen, was im Gegensatz zum, sagen wir mal, Ägyptologie-Studium auch Onkel Herbert nachvollziehen kann. Es erfüllt einen mit Stolz, von Vorgesetzten gelobt zu werden. Und wer ehrgeizig ist, der fühlt sich schnell angestachelt: Jetzt geht es richtig los. Endlich Karriere!

Wenn das Gehalt nur noch Schmerzensgeld ist

Doch irgendwann kommen vielen Zweifel. Wenn die Anfangseuphorie verflogen ist, merkt man womöglich, dass der Job vielleicht doch nicht so toll ist wie auf dem Papier. Man fängt an sich zu fragen, was man da eigentlich macht. Und man stellt fest, dass man vielleicht erfolgreich ist, aber das einen der Erfolg nicht wirklich mit Freude erfüllt.

Wir sind zwar jeden Abend total platt, aber diese Erschöpfung nutzt nur dem Unternehmen, nicht uns selbst. Und irgendwann verstehen wir, warum sich die halbe Welt immer so aufs Wochenende freut. Ausschlafen, Ablenkungs-Trinken, und schon ist wieder Montag.

Und wenn dann auch noch das Gefühl hinzukommt, die eigene Lebenszeit durch eine Sanduhr rinnen zu sehen, dann wird es Zeit für diese eine Frage:
Finde ich meinen Job eigentlich selber geil?

Ja? Dann ist gut. Freut mich sehr. Weiter so, viel Erfolg!

Eher nein? Das ist ein Problem. Wirklich. Die Digital Media Producerin Anna Moll hat das auf der Z2X-Konferenz von ZEIT ONLINE toll beschrieben. Sie hat dort die "Selber-geil-Schranke" vorgestellt. Eine Schranke, durch die wir vor lauter Job-Demut oft einfach blind durchbrettern. Weil wir gewinnen und verkaufen wollen. Weil wir unseren Job nicht in Frage stellen.

Aber beim einfach-nur-arbeiten und wenig-daran-geil-finden bleibt auf Dauer auch wenig von uns selbst übrig. Wir verwelken wie lieblos behandelte Balkonpflanzen. Und wir wissen alle, wo die irgendwann landen.

Anna sagte in ihrem Vortrag: "Selber-geil bedeutet Selbstliebe. Würde ich mir selber ein Geschenk damit machen? Und warum würde ich mich über dieses Geschenk freuen? Was ist meine Motivation?"

In Annas Vortrag ging es vornehmlich um die Kreativbranche. Aber ich finde, die Selber-geil-Schranke funktioniert auch in anderen Bereichen. Denn wenn wir Selber-geil als Selbstliebe begreifen, dann spürt man doch sofort, was sie meint. Ist unser Gehalt nur Sold für Lebenszeit oder mache ich tagtäglich etwas – irgendetwas – was ich gut finde?

Klar ist, dass man nicht immer alles jederzeit geil finden kann. Selbst die geilsten Sachen nicht. Aber wenn man kein Mensch ist, der aus Status und Kohle allein seine Selbstachtung bezieht, dann muss man schon etwas an seiner Arbeit geil finden, damit der Blick in den Spiegel noch Spaß macht.

Ich hatte mich sehr über meinen ersten Job gefreut, aber nach einiger Zeit gemerkt: Mein Gehalt ist wirklich nur noch Schmerzensgeld. Dann habe ich gekündigt. Kündigen ist natürlich nicht einfach. Es ist radikal. Denn es stellt vieles im Leben auf den Kopf. Aber wenn wir unsere Arbeit, die ja nun mal ein großer Teil unseres Lebens ist, nicht zumindest ein bisschen geil finden, dann können wir uns auch selber nicht mehr zumindest ein bisschen geil finden.

Und dann hätten wir ein echtes Problem.