Eigentlich wollte Élodie gerade zum Gesangs- und Tanzunterricht gehen. Dann rief das Krankenhaus an, sie müsse sofort vorbeikommen, für ihre Krebsbehandlung seien weitere Tests nötig. Während sie auf ihrem Krankenhausbett sitzt und wartet, beginnt sie zu tanzen. Sie zeichnet die Improvisation auf und postet das Video Mitte Januar auf ihrer Facebook-Seite.

Élodie erfuhr im Mai 2015, dass sie Brustkrebs hat. In zwei Operationen mussten Ärzte ihr die gesamte Brust entfernen. Im August begann ihre Chemotherapie, die noch bis Ende Februar weitergeht. Danach folgt ein Monat Strahlenbehandlung. Die Heilungschancen stünden gut, sagen die Ärzte. Élodie ist optimistisch, dass sie wieder gesund wird. Zweifel bleiben aber: "Es kam bisher oft schlimmer, als die Krebsstatistik und die Ärzte es vorhergesagt hatten."

Ohne Tanz hätte sie die vergangenen Monate nicht ausgehalten, sagt sie. Seit ihrem fünften Lebensjahr tanzt die in Paris lebende Luxemburgerin, hat eine professionelle Ausbildung abgeschlossen und viele Jahre an ihrer Technik gearbeitet. Die Technik sei aber nicht das Besondere an der Improvisation im Krankenhaus gewesen. "Als ich immer mehr positive Reaktionen auf das Video bekam, musste ich daran denken, was eine befreundete Tänzerin einmal gesagt hat: Ich solle nicht versuchen schön zu tanzen, sondern ehrlich zu tanzen."

In ihrem Video drückt Élodie viel von dem Schmerz aus, den sie in letzter Zeit erfahren hat. Während ihrer Krebserkrankung starb ihre Mutter an einem Gehirntumor. Ein Verwandter, den sie erst auf der Beerdigung kennengelernt hat, erlitt genau an dem Tag einen Schlaganfall, an dem das Video entstand und sie für weitere Tests ins Krankenhaus musste. Auch in Gedanken an ihn fing sie auf dem Bett an zu tanzen. Inzwischen ist der Verwandte gestorben.

Fast 300.000 Mal angesehen

Die Reaktionen, die Élodie auf ihr Video erhielt, überwältigen die 30-Jährige noch immer. Fast 300.000 Mal wurde es auf Facebook angeschaut. Sie habe sehr, sehr viele positive Nachrichten bekommen, von Freunden und Fremden, die ihr neue Kraft geben. "Seit dem Krebs kam ich mir ein bisschen nutzlos vor, wie viele Kranke, glaube ich. Das hat sich dank der Reaktionen auf das Video geändert."

Sie habe jetzt den Eindruck, dass man krank sein kann und dennoch Dinge bewirken kann. "Ich muss meine Krankheit nicht passiv erdulden, sondern kann teilweise noch selbst die Welt mitgestalten." Das große Interesse an ihrem Tanzvideo hat sie ermutigt, eine neue Website und Facebook-Seite einzurichten. Auf "Les cellules créatives" – was übersetzt "Die kreativen Zellen" bedeutet – will sie Informationen und Beispiele für den "kreativen Umgang mit Krebs" sammeln. Das können Kunst- und Kulturprojekte sein, aber auch Ideen für Freunde und Familien, die ihren kranken Angehörigen helfen wollen.

"Ich habe gemerkt, dass ich auch vom Krankenbett aus Anstöße geben kann, die dann wiederum anderen Menschen neue Ideen geben, die wiederum andere inspirieren." So sollen sich die kreativen Zellen schneller vermehren als die bösartigen, sagt Élodie.

Wer Élodie bei ihrem neuen Projekt unterstützen möchte, der kann ihr eine Email mit Ideen schicken.