Und plötzlich ist da einfach nichts mehr.

Wer schon einige Beziehungen hinter sich hat, kennt das Gefühl vielleicht. Wo am Anfang noch so viel Nähe war, ist am Ende oft nicht mehr als der Wunsch, es endlich zu beenden. Man fühlt sich ohnmächtig, schaltet ständig zwischen Antriebslosigkeit und Antrieb hin und her.Obwohl man eine kurze oder lange intensive Zeit miteinander hatte, gemeinsam lachte, gemeinsam weinte, gemeinsam erlebte: Man möchte dann nur noch raus, fliehen, Schluss, nur weg von dem*der Partner*in. An diesem Zeitpunkt ist meist zuviel kaputt, um es noch reparieren zu können – denken wir.

Womöglich schlummert da mehr in uns, als uns lieb ist

Woher kommt der scheinbar plötzliche Umschwung? "Die Gründe können unterschiedlich sein", sagt der Beziehungsexperte und Paarberater Eric Hegmann. Wenn die Beziehung etwa zwischen sechs und zwölf Monaten dauerte, würde er überprüfen, ob das, was das Paar als "keine Gefühle mehr" bezeichnet, nicht nur das Ende der euphorischen Verliebtheitsphase war.

"Wer diese Erfahrung häufiger macht, könnte überprüfen, ob es da ein Muster gibt." Und bei wem die Situation gerade eintritt, kann sich zunächst konkret zwei Dinge fragen:

  • Kann es sein, dass ich glaube, die anfängliche Euphorie in der Beziehung müsse ein Leben lang halten, damit es wirklich "Liebe" ist? "Das ist Unsinn, das ist Hollywood", sagt Hegmann. Wer sich durch den sich neu einspielenden Beziehungsrythmus gebremst fühlt, rennt vermutlich falschen Vorstellungen nach und verkennt die wirklichen Ursachen für das fehlende Beziehungsglück.
  • Habe ich vielleicht eine unerkannte Bindungsangst in mir? Geht es wirklich ganz plötzlich und man würde am liebsten sofort Schluss machen, könnte einfach noch nicht bereit für eine neue Beziehung gewesen sein – oder fürchtet sich generell davor, sich zu binden. "Diese Angst zieht irgendwann in der Beziehung dann die Notbremse", sagt Hegmann. Menschen legten das Hauptaugenmerk dann gerne auf vermeintliche Fehler oder Konfliktpotentiale.

Bei beiden Situationen scheint die Lösung zunächst einfach: Partnerschaft beenden. "Denn dann erscheint auch plötzlich jede andere Beziehung besser als die eigene", sagt Hegmann. Nicht selten kommt dazu die innere Überzeugung, mit einem anderen Menschen besser dran zu sein.

Nach meiner Erfahrung trennen sich Menschen heute weniger, weil sie nicht glücklich sind, sondern weil sie denken, sie könnten mit einem anderen Partner glücklicher sein."

Aber sind die Gefühle, die anfangs da waren, dann wirklich einfach weg? "Natürlich gibt es die Situation, dass Gefühle verschwinden", sagt Hegmann. Aber auch dann müsse die Trennung nicht unbedingt der Richtige sein. "Frauen sagen dann häufig, sie würden sich mehr Aufmerksamkeit wünschen und fühlen sich als zu selbstverständlich genommen. Männer sagen meist, ihnen fehlten Anerkennung und Lob, wobei auch Sex für sie ein Zeichen solcher Anerkennung bedeutet."

Es muss nicht gleich der Schlussstrich sein

Hegmann würde Paaren in solchen Situationen statt radikaler Lösungen immer empfehlen, genau zu prüfen, welche Veränderung im Leben eingetreten ist, die mit den neuen Gefühlen einhergeht. Eigentlich gibt es dafür immer Anlässe, die man mit diesen Fragen herausfinden kann:

  • Was änderte sich in der Familie, im Beruf? Sogar ein runder Geburtstag könnte dazu führen, sich voneinander zu entfremden. "Eben alles, was die Sinnfrage nach dem Leben stellt." Dann könne man sich fragen, warum und inwiefern sich die geänderten Umstände nun plötzlich nicht mehr mit der Beziehung zu vereinen scheinen.
  • Habe ich Wünsche und Hoffnungen, die ich mir erfüllen möchte – und fürchte, dass ich sie in der Partnerschaft nicht mehr erfüllen kann?

Leider würde in solchen Situationen oft der Partner zu dem, der daran die Schuld trägt. Er bremst vermeintlich aus – weil er seine eigenen Ziele hat und verfolgt. Eine Lösung könnte dann sein, sich als Paar komplett neu zu organisieren, sich neue Freiräume und Freiheiten für eigene Pläne und Ziele zu schaffen.

Wer die Beziehung übrigens schlagartig beende, und dann bestärkt durch Familie und Freundeskreis zu sich selbst sagt "War eh nicht der*die Richtige für mich", mache es sich zu einfach, sagt Hegmann. Zu sagen, man habe keine Gefühle mehr, könne auch ein bequemer Weg sein, Liebeskummer zu entgehen.

"Das ist eher die Erklärung der Partner, um ohne Schuldgefühle aus einer Trennung zu kommen. Irgendwas war da, vielleicht nur sexuelle Anziehungskraft, die nicht lange angehalten hat." Aber Liebe verschwinde nicht einfach wie eine ausgepustete Flamme.