Martin hat lange in einem sehr teuren Restaurant in Berlin Mitte, direkt an der Spree, gearbeitet. Seinen Job hat er immer gern gemacht – wenn es da nicht diese Gäste gäbe, die einen besonders herausfordern. Manchen Satz hat er immer und immer wieder gehört. Damit wir alle wissen, wie wir Kellner*innen besonders nerven, hier die schlimmsten Sprüche, die Martin je gehört hat, mitsamt seinen Gedanken dazu.

1. Guten Abend, wir haben für vier reserviert, sind jetzt aber zehn. Geht das?

Das ist gar kein Problem, den Tisch schnitze ich ihnen schnell. Die Gäste erwarten, dass so etwas unproblematisch ist – schließlich wurde ja reserviert. Sie sehen vielleicht sogar einen leeren Tisch und sagen: "Wir nehmen einfach den da!". Dass der Tisch aber für jemand anderes reserviert ist, das können sich die wenigsten Gäste denken.

2. Wenn es heute nicht mehr regnet, würden wir gern auf der Terrasse sitzen.

Also: Draußen oder drinnen? Bitte schauen Sie in den Himmel, in ihre Wetter-App und vor allem in sich hinein, ob es Ihnen später nicht auch zu kühl sein könnte – damit wir nicht alles hin und her räumen. Kellner*innen sind nämlich keine Wetterfrösche und wissen nicht besser oder schlechter als Gäste, wie sich das Wetter entwickelt.

3. Haben Sie Toiletten?

Ja.

Achso, Sie möchten wissen, wo die Toiletten sind? Erkläre ich Ihnen gern.

4. Wo bleibt mein Essen?

Wenn ich das Steak in die Kasse eingebe, kommt es nicht sofort unten aus der Kasse raus. Der Gast bestellt beispielsweise ein großes Stück Fleisch, am besten medium well und erwartet dann nach zehn Minuten, dass das Fleisch da ist. Sowas dauert aber 50 Minuten. Wer das bestellt, sollte das eigentlich wissen.

5. Würden Sie mir Zigaretten bringen?

Das mache ich natürlich. Obwohl vor Ihnen noch eine halbe Schachtel liegt, aber Sie werden sicher ungeduldig, wenn es nicht gleich geschieht. Trotzdem sind wir kein Kiosk, sondern ein Restaurant. In jedem Restaurant, in dem ich gearbeitet habe, befinden sich Zigaretten-Automaten an strategisch wichtigen Punkten: Auf der Toilette oder im Raucherbereich. Wenn ich Ihnen ihre Zigaretten jetzt – wie gewünscht – hole, fragt mich übrigens ihr Tischnachbar folgendes:

6. Warum dauert diese eine Cola so lang?

Wegen des Gastes da vor Ihnen. Wegen der Frau, die plötzlich an einen anderen Tisch umziehen will und wegen der Familie, die noch eine Vase für die Blumen, eine Decke für die Mutter und eine neue Gabel für den Sohn verlangt. Aber das sage ich Ihnen nicht. Ich sage: "Ich kümmere mich sofort darum."

7. Können wir bei Ihnen denn auch was zu Essen bestellen?

Ja, natürlich, dafür bin ich ja da. Aber der Zeitpunkt, an dem ich die Bestellung aufnehmen darf, ist bei jedem Gast eine Gratwanderung: Die einen wollen sofort nach Ankunft bedient werden – und dann steh ich am Tisch und keiner hat sich entschieden. Die anderen fühlen sich, als ob ich ihnen was aufquatsche, wenn ich zu früh zu ihnen komme. Die wollen lieber erstmal ankommen, dafür komme ich dann zu spät.

8. Wie ist denn ihr Fenchelsalat so – sollte ich den bestellen?

Fragen nach der Qualität der Speisen oder wie es denn so schmeckt, sind immer schwierig. Meistens antworte ich: Schmeckt ihnen denn Fenchel? Nein? Dann bestellen sie ihn nicht. Und unsere Speisen sind natürlich frisch – niemals würde ich etwas anderes behaupten.

9. Ist das gegrillt oder wird das gegart?

An dieser Frage erkenne ich die Schlaumeier. Grillen ist eine Garmethode. Backen ist eine Garmethode. Kochen ist, überraschenderweise, eine Garmethode. Garen IST grillen. Garen ist ein Oberbegriff. Das Fleisch ist also sowohl gegrillt, als auch gegart.

10. Kann ich von dieser 800 Euro Weinflasche bitte ein Glas haben?

Da frage ich mich immer, ob die Menschen sich diese Frage nicht selber beantworten können. Sollen wir wirklich eine 800 Euro Weinflasche öffnen und sie dann rumoxidieren lassen? Leisten Sie sich bitte die Flasche oder trinken Sie einen offenen Wein.

11. Können wir noch Brot haben?

Natürlich.

12. Können wir noch mehr Brot haben?

Das Brot ist eine Beigabe. Bestellen Sie eine Vorspeise, wenn Sie nicht bis zum Hauptgang warten können.

13. Sagen Sie, muss die Kuh für mein Steak noch geschlachtet werden?

Haha! Sie sind offiziell der witzigste Gast, den ich jemals bedient habe. Meistens führe ich den dann in unseren kleinen Schlachthof neben der Küche. Dort sucht er sich dann die Kuh aus, die er möchte, und darf Sie selber schlachten, während wir beide uns köstlich über seinen Witz amüsieren.

14. Können wir zum Abschluss noch einen aufs Haus haben?

Das finde ich so unfassbar dreist. Wer das sagt, hat einfach überhaupt keine Manieren. Entweder ich als Kellner lade die Menschen ein oder eben nicht. Wer denkt denn, mit so einer Nummer durch zu kommen?

Übrigens, zehn Prozent Trinkgeld sind in Deutschland durchaus üblich – der*die Kellner*in wird es euch danken, denn besonders viel Stundenlohn bekommt er*sie wahrscheinlich nicht.