Auf Facebook kursiert zur Zeit ein Video, in dem Sängerin Jennifer Weist und Keyboarder Johannes Walter von Jennifer Rostock einen Song singen. "Wähl die AfD" heißt das Lied, doch dahinter verbirgt sich der Appell gegen diese Wahlentscheidung: In dem circa zwei Minuten langen Stück singt Weist von Gründen, die Partei besser nicht zu wählen.

"Drei Kinder pro Familie, Mann im Job und Frau am Herd – das will die AfD", heißt es im Song und: "Nur die dümmsten Kälber, wählen ihren Metzger selber." Mehr als fünf Millionen Mal ist der Song schon angehört worden.

Wen der Song angefixt hat, der kann schon bald mehr von Jennifer Rostock hören: Am 9. September erscheint das fünfte Studioalbum des Quintetts. Wir haben den Platten-Release zum Anlass genommen, um bei der Band für unsere Reihe ze.ttunes nachzuhaken, was sie eigentlich auf den Ohren haben, wenn sie nicht gerade Songs für neue Alben oder gegen die AfD schreiben.

Das sind die aktuellen Lieblingssongs von Jennifer Rostock:

https://play.spotify.com/user/ze.tt/playlist/3hmRWIUCRmNfbBs8wMLxF8
ze.tt: Wie geht ihr mit fremder Musik um, wenn ihr im Studio seid und eine eigene Platte aufnehmt: Versucht ihr euch weitestgehend von Fremdeinflüssen fernzuhalten, um der Gefahr aus dem Weg zu gehen, etwa von Captain Planet unbewusst Zeilen zu übernehmen?

Jennifer Rostock: Wir teilen uns Zeilen mit Captain Planet? Also nein, wenn wir klauen würden, dann dezenter, das würdet ihr gar nicht mitbekommen! Wobei unser Gitarrist mal ein Oasis-Solo ausgeliehen hat, das ist allerdings längst Geschichte. Man lernt aus Fehltritten!

Aber wir betreiben innerhalb der Produktionsphasen keine bewusste Reglementierung des Fremdkonsums. Wir sitzen auch selten zusammen, wenn es darum geht, sich anderweitig inspirieren zu lassen. Jeder hört bei uns völlig anderen Kram, das kann dann individuell schon mit in die Proben einfließen. Unser Drummer hört quasi ausschließlich Punk und das beeinflusst automatisch seine Art zu spielen.
Euer Promotext zur neuen Platte verkündet vollmundig, ihr löst euch von "Produktionsdogmen oder Genrespielregeln". Wie macht man reinen Tisch, um komplett neu anzufangen und neu denken zu können?

Bands auf ihre Promophrasen ansprechen – ganz fieser Move!
Da müsst ihr jetzt durch.

Das soll übersetzt heißen: Wenn wir anfangen, ein neues Album zu schreiben, haben wir nie im Kopf, wie das Endprodukt klingen soll. Jeder Song bekommt das Gewand, das ihm am Besten steht. Mist, das klingt schon wieder nach Phrase. Aber wenn die Nummer in 37 Sekunden alles erzählen kann, Jennifer nur Tierlaute von sich gibt und ein rauchender Affe am Drumcomputer sinnvoller erscheint, als ein echtes Schlagzeug, dann ist das halt so. Wir denken dann nicht: "Oh, das wird jetzt aber keine Radiosingle, da fangen wir besser nochmal von vorne an." Bands der Generation Popakademie machen sich über sowas viel zu viele Gedanken.
Wie entsteht denn ein guter Song?

Ein guter Song entsteht nicht am Reißbrett. Unser Vorteil ist: wir bleiben auch wir selber, wenn wir anfangen zu experimentieren. Wo will man uns denn einordnen? Pop? Naja, klar, wir haben Melodien, aber fürs Durchschnittsradio sind wir vermeintlich zu hart. Deutschrock? Um Himmels Willen, bitte nicht. Wir genießen einfach weiterhin die schubladenfernen Freiheiten, die wir uns über die Jahre erspielt haben.

Pop? Deutschrock? Entscheidet selbst – das ist die neue Single von Jennifer Rostock: