1. Jede*r, die*der sich nicht so laut und leidenschaftlich aufregt wie du, ist unsentimental und stinklangweilig.

Du bist heißblütig. Du liebst heftig und streitest laut. Ohne falsche Rücksichtnahme. Da bringen gequälte Mienen mit stummer Lippenbewegung im Supermarkt à la "Du bist so peinlich, dass du hier so rumschreist" gar nichts. Du regst dich doch nur mal ein bisschen lauter auf als der Durchschnitt. Im Prinzip ist es so: Wenn dir jemand egal ist, würde dich das kalt lassen. Wenn ein*e Choleriker*in schreit, dann liebt er*sie also. Und ist ja nicht so, als wäre deine Tendenz zur Überharmonie, nachdem du dich vertragen hast, nicht auch megasympathisch. Du kostest eben alle Höhen und Tiefen aus. Auch in Sachen Tonlage.

2. Für dich gilt: Je lauter du redest, desto richtiger und wichtiger ist das, was du sagst.

Alle so: Wer schreit, hat unrecht. Du so: WILLST DU MICH VERARSCHEN? Tatsächlich ist die laute Stimme für dich ein Indiz dafür, dass du richtig liegst. Je unverstandener du dich fühlst, desto lauter wirst du. Strategisch und diplomatisch an die Dinge herangehen und dich in Ruhe erklären? Wer braucht das.

3. Selbst wenn du merkst, dass du unrecht hast: Zurückrudern wäre ein zu starker Kontrast zu deinen mächtigen Worten vorhin. Also vertrittst du dich selbst, wie ein*e Anwält*in. Nachgeben wäre schwach.

Am liebsten wäre dir das so: Dein Gegenüber findet deine Argumente von Anfang an so überzeugend und eindrucksvoll, dass er*sie sich dir ergibt. Nicht so nach dem Motto "Der*die Klügere gibt nach", sondern mehr nach dem Motto "Du hast halt einfach recht". Wenn der Fall nicht eintritt, weißt du, dass es da vielleicht auch ein paar Argumente gab, die dich überzeugt haben. Doch das lässt du dir mit keiner Miene anmerken und motzt so lange weiter, bis er*sie endlich ankommt und sich für irgendetwas entschuldigt. Dann schließt du dich der Meinung deines Gegenübers an. In Teilen. Ein bisschen. Vielleicht.

4. Wenn du dich erst mal in Rage geredet hast, sind deine Argumente on fleek – findest zumindest du.

Es gibt da diesen einen Punkt, Grad, Funken, der eine*n Choleriker*in von null auf hundert loslegen lässt, wie Usain Bolt beim 100-Meter-Lauf. Wenn genug genug ist und du dich in einer Diskussion so lange hast provozieren lassen, bis es nicht mehr auszuhalten ist, wie falsch dein Gegenüber liegt. Da kann dein*e Gesprächspartner*in sonst noch so introvertiert sein, das interessiert dich in dem Moment nicht. Plötzlich pulsiert jede narzisstische Ader in dir und du sprichst selbstbewusst, klar und auf den Punkt wie nie zuvor. Dieses Phänomen ist wie ein Sonderartikel des Choleriker*innen-Daseins: Sollte der Zustand eintreten, gilt das Recht ohne Zweifel für den*die Klagenden.

5. In dem Moment könnte es dich nicht weniger interessieren, was die Leute um dich herum denken. Jede*r, die*der nicht du ist, ist dir gerade so was von egal.

So sehr dir das hinterher auch leid tut, wenn du in Rage bist, willst du einfach nur verletzen. Es ist, als würde jegliche Empathie, die du besitzt, schon für dich selbst draufgehen, weshalb du keine mehr für die anderen aufbringen kannst. Dein Stolz und dein Ego wachsen zu einem fürchterlichen Motzmonster zusammen.

6. Manchmal erwischst du dich selbst dabei, wie du mitten im Streit gar nicht mehr weißt, worüber du dich eigentlich aufgeregt hast.

Es ist wie beim Unkraut jäten oder beim Wand streichen: Wenn man zu nah davorsteht, macht einem der eigene Perfektionismus zu schaffen und man kann einfach nicht mehr aufhören, Störfaktoren zu finden. Hier noch ein bisschen. Ach, da war noch was. Und schließlich ist man so vertieft in die Sache, dass man gar nicht merkt, wie unnötig die Detailarbeit gerade ist.

7. Du erwartest, dass man dir so richtig Honig ums Maul schmiert, damit du wieder runterkommst.

Schön ist das nicht gerade, aber Choleriker*innen sind so etwas wie die Meister*innen der Manipulation. Wie ein*e Marktverkäufer*in, der*die weiß, dass sein*ihr Apfel gerade mal einen Penny wert ist und sich trotzdem mit einem Sack Gold auszahlen lässt, würdest du deine*n Streitpartner*in auch ruhig mal auf die Knie gehen lassen, wenn er*sie dazu bereit ist. Auch wenn du weißt, dass das eventuell unverhältnismäßig ist.

8. In deiner höchsten Wut regt dich einfach alles auf. Türen, an denen du dich stößt, Technik, die nicht funktioniert. Und du könntest so richtig dagegen hauen vor Wut. Und tust das auch.

Nicht nur Menschen werden zu Opfern deiner unkontrollierten Wutausbrüche. Auch deine Wohnung hat Narben davongetragen. Sie zieren unzählige Möbelstücke, die während des Fifa-Zockens oder nachdem du dich gestoßen hast herhalten mussten.

9. Ironie? Willst du mich jetzt komplett verarschen, dass du mich so wenig ernst nimmst? Geht gar nicht.

Ironie ist eines der wenigen Dinge, mit denen Choleriker*innen so gar nicht umgehen können. Was daran so stört? Es ist ausgesprochen nervig und überheblich, dass sich der*die Partner*in so gut unter Kontrolle hat, dass er ironisch werden kann. Das würdest du nämlich auch gern, aber …

10. Die letzte Konsequenz ist, die Tür zu knallen und zu verschwinden. Dann wird der*die andere so richtig leiden und darüber nachdenken, wie gut du eigentlich bist.

Kann ein Abgang dramatischer sein?