Als Online-Redakteur schreibt Dennis Winkens täglich Texte, bearbeitet Bilder und Videos – und das ohne seine Arme zu benutzen. Seit einem Unfall vor zehn Jahren ist er vom Hals abwärts querschnittsgelähmt und sitzt im Rollstuhl. Für seine Arbeit benutzt der 27-Jährige eine Maus, die er mit dem Mund steuert. Wenn er etwas anklicken will, muss er saugen oder pusten. Lange Texte schreibt er mit einer Sprachsteuerung.

Wie für viele Menschen mit Behinderung war es auch für ihn nicht einfach, einen Job zu finden. Nach der Schule war Dennis ein Jahr arbeitslos. Das Arbeitsamt versuchte ihm Maßnahmen zu vermitteln. Er fühlte sich ausgebremst. Durch Zufall lernte er seinen aktuellen Chef auf einer Reha-Messe kennen und bekam einen Job, weil er speziell Menschen mit Handicap einstellt.

"Ich wollte ganz normal in ein Büro fahren – wie jeder andere auch."

Die moso GmbH, für die Dennis arbeitet, ist spezialisiert auf Stehtrainer und Rollstühle. Seine Behinderung macht ihn zum Experten. Im Büro fühlt er sich ernst genommen: "Meine Kollegen machen keinen Unterschied. Es gibt auch keine Pluspunkte für mich. Keiner denkt: 'Der kann nicht so wie wir arbeiten'. Für sie bin ich ein ganz normaler Kollege".

Arbeit und Sport bringen Selbstvertrauen

Jedes Jahr veröffentlicht der Verein Aktion Mensch ihren Inklusionsbarometer. Er zeigt, wie gut Menschen mit Behinderung im deutschen Arbeitsmarkt integriert sind. Die Zahlen zeigen einen positiven Trend, doch noch immer erleben Menschen mit Handicap Vorurteile bei der Arbeitsplatzsuche.

Auch Denise Schindler kennt die Hürden beim Start ins Arbeitsleben. Nach einem Unfall musste ihr im Alter von zwei Jahren das rechte Bein amputiert werden. Die 30-Jährige war nicht immer die selbstbewusste Frau, die sie jetzt ist: "Natürlich habe ich mir als Teenager gewünscht, ich wäre normal oder hätte normale Beine", sagt sie.

Selbstbewusstsein und -vertrauen fand sie im Radsport. 2011 wurde sie zur Behindertensportlerin des Jahres gekürt und wurde in diesem Jahr Weltmeisterin über 3000 Meter im Bahnradfahren.

"Jetzt kann ich über vieles lachen. Das hab ich aber nicht in die Wiege gelegt bekommen – das war ein Prozess"

Sie ist beruflich erfolgreich und arbeitet bei einem Online-Vermarkter. Unterstützung bekam sie nicht nur von Freunden und Familie, sondern auch von ihrem Chef: "Ich habe Veranstaltungskauffrau gelernt. Wir hatten einen Hochseilpark und da musste ich erstmal hoch. Ich hatte Bedenken, aber mein Chef meinte: 'Das kriegen wir hin, probier’ einfach mal.' So hab ich gelernt mir mehr zuzutrauen". Jetzt will sie anderen Menschen mit Handicap helfen und forscht zusammen mit einer Firma an einer Prothese aus dem 3D-Drucker.

Es gibt noch viel zu tun

Mittlerweile haben Denise Schindler und Dennis Winkens ihren Platz in der Arbeitswelt gefunden, doch ihre Geschichten zeigen: erfolgreiche Inklusion ist ein komplexer Prozess. Er hängt nicht nur von der familiären Unterstützung und persönlichen Charaktereigenschaften ab, sondern maßgeblich auch von der Branche.

"Unternehmen im Bereich Gesundheit, Soziales und Kultur schneiden relativ gut ab. Die Industrie, der Handel und Logistik sind aber von einem positiven Inklusionsklima noch ein Stück entfernt", sagt Ulrike Jansen,Pressereferentin der Aktion Mensch. Viele Arbeitgeber aus diesen Branchen befürchten Mehrkosten – dabei werden die nötigen Umbauarbeiten vom Staat gefördert oder sogar komplett übernommen.

Barrierefreiheit ist allerdings nicht die einzige Herausforderung: "Rollstuhl- und gehbehindertengerechte Zugänge gibt es mittlerweile häufig, jedoch fehlen oft Maßnahmen für Menschen mit einer psychischen oder geistigen Einschränkung", sagt Ulrike Jansen. Und das spiegelt sich in den Zahlen wider. Am besten integriert sind Angestellte mit körperlichen Einschränkungen. 67 Prozent von ihnen haben einen Job. Geistig eingeschränkte Menschen haben es am schwersten: nur ein Prozent von ihnen findet einen Arbeitsplatz.