Fünf Millionen Frauen haben mit einer Menschenkette für den freien Zugang zu einem heiligen Tempel in Indien protestiert. Aber ihre Botschaft geht auch darüber hinaus. 620 Kilometer, also etwa so lang wie die Strecke von Berlin nach Stuttgart, reichte die Menschenkette, die Frauen am Dienstag im südindischen Bundesstaat Kerala formten. Das Ziel: der Tempel Sabarimala, der sich eben dort befindet. Das in den Bergen gelegene hinduistische Heiligtum wird jährlich von Millionen Pilger*innen besucht. Seit 1991 fast nur von Männern. Denn da entschied das höchste Gericht von Kerala, dass Frauen im gebärfähigen Alter, also zwischen 10 und 50 Jahren, der Zutritt verboten wird.

Obwohl das Gesetz im September 2018 vom indischen Supreme Court zurückgezogen wurde, werden Frauen, die zum Sabarimala pilgern, immer wieder von wütenden Männern attackiert. Auch die regierende konservative Bharatiya Janata Party (BJP) von Premierminister Narendra Modi betrachtet die neueste Entscheidung als einen Angriff auf die hinduistischen Werte und legte Widerspruch ein. Eine gerichtliche Anhörung der Gegner*innen ist für den 22. Januar vorgesehen.

Der Tempel ist zum Politikum geworden

Dagegen wird nun der Protest der hinduistischen und anderer indischen Frauen laut und sichtbar. Die Organisator*innen der Menschenkette gaben an, dass aus ganz Kerala rund fünf Millionen Frauen teilnahmen. Ihre Menschenkette reichte von der Stadt Kasaragod im Norden des Bundesstaats bis zum tiefen Süden nach Thiruvananthapuram. Da im Frühling in Indien nationale Parlamentswahlen anstehen, ist das Thema zu einem Politikum geworden. Denn die Frauen demonstrierten nicht nur für einen freien Zugang zum Tempel, sondern auch für Gleichberechtigung und gegen die national-konservative Agenda der Regierungspartei.

Dem Fernsehsender BBC Hindi sagte eine junge Demonstrantin: "Das ist eine tolle Möglichkeit, zu zeigen, wie mächtig Frauen sind, wie wir uns selbst empowern und einander helfen können. Ich denke nicht, dass Traditionen Frauen aufhalten sollten. Jene, die beten wollen, sollten das Recht dazu haben."