64 zivilgesellschaftliche Organisationen haben am Dienstag eine Petition gestartet. Darin fordern sie von der Bundesregierung, bis zum Jahr 2020 ein sogenanntes Lieferkettengesetz zu verabschieden. Dadurch sollen sich Unternehmen zu Maßnahmen verpflichten, um Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörungen in ihrem Geschäftsbereich zu vermeiden. Das Gesetz soll zudem bewirken, dass Unternehmen bei Verstößen haftbar gemacht werden können und Betroffene die Möglichkeit erhalten, Schadenersatz einzuklagen.

Anlass für den Start der Initiative ist ein Vorfall vor fast genau sieben Jahren. Bei einem Brand in einer pakistanischen Textilfabrik starben in Karatschi mehr als 250 Menschen. Der deutsche Textildiscounter Kik ließ in der Fabrik produzieren.

Deutsche Unternehmen ziehen sich aus der Verantwortung

Immer wieder komme es laut der NGOs in den Herstellungsländern deutscher Unternehmen zu teils verheerenden Menschenrechtsverletzungen, Unfällen oder Umweltschäden. In der Petition nennen sie konkrete Beispiele:

  • Anfang des Jahres starben bei einem Dammbruch einer Eisenerzmine in der brasilianischen Gemeinde Brumadinho 272 Menschen. Das Ökosystem des Flusses Paraopeba wird nach wie vor durch den giftigen Schlamm zerstört. Der TÜV Süd Brasilien hatte kurz davor die Sicherheit des Damms zertifiziert. Er trage daher eine "schwere Mitverantwortung", sagt Pirmin Spiegel, Misereor-Hauptgeschäftsführer. Das Bischöfliche Hilfswerk Misereor e. V. ist eines der größten Hilfswerke der römisch-katholischen Kirche in Deutschland.
  • Deutsche Supermarktketten würden laut Marion Lieser, geschäftsführende Vorstandsvorsitzende von Oxfam Deutschland e.V., im internationalen Vergleich besonders wenig für den Menschenrechtsschutz tun. Für die verkauften Produkte würden Arbeiter*innen ausgebeutet und giftigen Pestiziden ausgesetzt werden.
  • "Der Amazonas steht in Flammen, und viele Betroffene vor Ort verlieren ihre Lebensgrundlage. Zahlreiche Brände werden gelegt, um Platz für Soja als Tierfutter für die deutsche Massentierhaltung zu schaffen", sagt Ernst-Christoph Stolper, stellvertretender BUND-Vorsitzender.
  • In Brasilien verkauft Bayer Glyphosat sowie andere giftige Pestizide, die in der EU nicht mehr zugelassen sind. Mehr als 6.000 Fälle von Pestizidvergiftungen würden dort jährlich gemeldet. In jeder vierten Gemeinde fänden sich Rückstände von mehreren Pestiziden im Trinkwasser.

"Freiwillig kommen deutsche Unternehmen ihrer Verantwortung nicht ausreichend nach", sagt Johanna Kusch, Sprecherin der Initiative Lieferkettengesetz. "Die Bundesregierung muss endlich einen gesetzlichen Rahmen schaffen, damit Unternehmen Ausbeutung und Umweltzerstörung nicht weiter in Kauf nehmen." In anderen Ländern gibt es bereits ähnliche Gesetze.

Binnen weniger Stunden unterschrieben mehr als 8.000 Menschen die Initiative. Vonseiten der Bundesregierung gab es bisher (Stand 10. September, 16 Uhr) keine Reaktion auf die Petition.