In Dresden läuft der Prozess gegen eine mutmaßliche rechte Terrorzelle. Es wird Zeit, rechten Terror eindeutig als solchen zu benennen und zu bekämpfen. Ein Kommentar.

Freital. Beim Klang dieses schönen deutschen Städtenamens erscheinen wundervolle Bilder vor dem inneren Auge eines jeden 1940-Nostalgikers. Glatzköpfige Menschen. Schwarze Klamotten. Hasserfüllte Fratzen. Bilder von selbsterklärten besorgten Bürger*innen, die für ein Deutschland stehen, wie es früher war. Damals, als noch alles gut war. So vor 80 Jahren etwa. Als man noch gepflegt Ausländer*innen hassen durfte.

"Die sind doch nicht gefährlicher als jede Rockergruppe"

Sieben Männer und eine Frau stehen seit Dienstag vor Gericht – die sogenannte Gruppe Freital. Ihnen wird vorgeworfen, eine terroristische Vereinigung gebildet zu haben und als solche für versuchten Mord sowie schwere Körperverletzung verantwortlich zu sein. Die selbsterklärten besorgten Bürger*innen sollen mindestens fünf Anschläge verübt haben: auf das Auto eines Linken-Politikers, auf zwei Geflüchtetenunterkünfte, auf das örtliche Linken-Büro und auf das linksalternative Dresdner Wohnprojekt Mangelwirtschaft. Ausgeübt wurden die Angriffe mit Pflastersteinen, Buttersäure-Sprengsätzen und in Deutschland verbotener Pyrotechnik. In Chatgruppen haben sie Sätze wie "Alle töten, diese elenden Parasiten!" miteinander ausgetauscht. Details zu den Anschlägen erfahrt ihr bei ZEIT ONLINE.

Der Prozess ist einzigartig für die sächsische Justiz. Bisher sah man rechte Gewalttaten stets als Taten von Einzelnen an. Von Terror war bislang keine Rede. Die Bundesanwaltschaft wirft den Angeklagten nun vor, ihre Taten im Rahmen einer rechtsterroristischen Vereinigung ausgeführt zu haben. Den Angeklagten drohen für die Bildung einer terroristischen Vereinigung bis zu zehn Jahre Haft; versuchter Mord kann mit bis zu 15 Jahren bestraft werden. Verhandelt werden zunächst 60 Tage.

Die Verteidigung meint: Terroristische Vereinigung? Schwachsinn. Endrik Wilhelm, verteidigender Anwalt, sagte in einem Interview mit der ARD über die Angeklagten: "Die hier, die sind doch nicht gefährlicher als jede Rockergruppe." Er wirft dem Gericht vor, an den Angeklagten ein Exempel statuieren zu wollen.

Terror ist halt Terror

Ich finde: Unabhängig davon, ob es sich um Terror im juristischen Sinne handelt oder nicht, handelt es sich bei den Taten auf jeden Fall um Terror im gesellschaftlichen Sinne. Im Duden wird Terror folgendermaßen definiert: "Verbreitung von Angst und Schrecken durch Gewaltaktionen (besonders zur Erreichung politischer Ziele)". Rechter Terror wird im Angesicht eines global agierenden islamistischen Terrors oft verharmlost. Als handele es sich bei den Täter*innen um eigentlich harmlose Brandstifter*innen.

Bei den Anschlägen, die die Angeklagten ausgeführt haben sollen, handelt es sich jedoch nicht lediglich um Brandanschläge. Aus den Chatverläufen geht hervor, dass es gezielte Angriffe auf unseren Rechtsstaat waren, auf politisch Andersdenkende und Menschen, die nicht in die rassistische Ideologie passen. Die Angriffe sollten Angst und Schrecken verbreiten. Sie sollten politische Ziele herbeiführen, etwa Geflüchtete und Migrant*innen zum Wegziehen zu bewegen.

Es wird Zeit, dass wir rechten Terror angesichts steigender Gewalttaten aus dem rechtsextremen Spektrum auch als rechten Terror bezeichnen. Und es wird Zeit, dass sich der Rechtsstaat mit entschiedenem Durchgreifen gegen diejenigen wehrt, die ihn bekämpfen.