Folgende Situation: Ihr seid frisch erholt zurück aus dem Türkeiurlaub. Ihr wollt in den Park, eine Freundin treffen. Ihr steigt ins Taxi, fragt "Wie geht's?" – und der Taxifahrer weigert sich, euch mitzunehmen. Passiert. Dem Rapper und Sänger Chefket zum Beispiel.

Chefket begann, das Gespräch auf Instagram live zu streamen. Darin konfrontiert er den Taxifahrer, fragt nach, warum dieser sich weigert, ihn zum Görlitzer Park in Berlin zu fahren. "Weil wir nicht zusammen passen", antwortet der Mann zunächst. "Wir heiraten jetzt auch nicht", antwortet Chefket, betont freundlich, "wir sind einfach nur eine Zeitlang zusammen unterwegs." Er hakt weiter nach: "Was meinen Sie denn mit 'Wir passen nicht zusammen'?"

"Sie waren mir zu schmalzig", schiebt der Taxifahrer wenig später nach, "wenn Sie schon einsteigen und fragen, 'Wie geht's Ihnen', dann steht mir das schon bis hier." Das 'Wie geht's Ihnen' sei nicht nett, sondern von oben herab formuliert gewesen, so der Taxifahrer in dem Videomitschnitt.

Sofern keine Gefährdung von Fahrer*in oder dem Auto vorliegt, gilt innerhalb des Berliner Stadtgebiets grundsätzlich Beförderungspflicht für Taxifahrende. Wer ohne triftigen Grund die Beförderung verweigert, begeht eine Ordnungswidrigkeit. Taxifahrenden droht der Verlust des Taxischeins oder der Konzession bei selbstständigen Fahrer*innen sowie eine Geldbuße.

Zu schmalzig zu sein, dürfte wohl nicht als triftiger Grund gelten. Um gegen solche Taxifahrenden vorzugehen, sollten Betroffene die Konzessionsnummer des*der Fahrer*in und das Kennzeichen aufschreiben und den Vorfall beim Landesamt für Bürger*innen und Ordnungsangelegenheiten melden.

Ist Chefkets Erlebnis ein Fall von Alltagsrassismus?

Vier Minuten dauert der Mitschnitt, bis Chefket schließlich aussteigt. Im Video kündigt er an, das Gespräch öffentlich zu machen. Am Dienstag postete Chefket das Livevideo mit der Caption "Achtung Rassismus Keule" in seinen Instagramfeed. 

Dass die Weigerung, den Rapper zu befördern, tatsächlich einen rassistischen Grund hat, wird aus dem Video nicht erkenntlich. "Das ist jedem selbst überlassen, das zu interpretieren", sagt Chefket Neon. "Aber dass jemand zu nett ist und deshalb nicht gefahren wird, ergibt keinen Sinn. Trotzdem wollte ich ihm nichts in den Mund legen und nach seiner politischen Gesinnung fragen."

Nachdem er das Video postete, hätten sich viele Menschen mit ähnlichen Geschichten bei dem Musiker gemeldet. Rapper-Kollege Yassin schrieb auf Instagram, dass dies der Grund sei, weshalb er Taxis stets auf einen deutschen Name bestelle.

Chefket, der mit bürgerlichem Namen Şevket Dirican heißt, ist in Heidenheim an der Brenz aufgewachsen. Seine Eltern kommen aus Mersin im Süden der Türkei. Die Falschaussprache seines Namens hat er zum Künstlername gemacht. In seinen Songs thematisiert er immer wieder Migrations- und Rassismuserfahrungen.

Der Künstler war einer der ersten, der die mangelnde Diversität der Fridays-for-Future-Bewegung ansprach. Im Mai wurde er von der Umweltbewegung eingeladen, bei einer Demonstration aufzutreten. Kurz darauf luden die Organisator*innen ihn wieder aus, mit der Begründung, er würde gegen "ihre ethischen Wertvorstellungen" verstoßen. Die Organisator*innen bezogen sich bei der Absage auf sein Feature mit dem Rapper Xatar und weiteren Künstler*innen aus dem Jahr 2015.

Welche Werte die Organisator*innen durch das Feature genau verletzt sahen, machten sie nicht klar – nahe liegt jedoch die Vermutung, dass der Fakt, dass Xatar eher dem Genre Gangsterrap zuzuordnen ist und eine kriminelle Vorgeschichte hat, etwas damit zu tun haben könnte. Auf Instagram postete Chefket ein Video mit der Caption "White Days for Future", in dem er sich kritisch mit seiner Ausladung auseinandersetzt.