Wir alle drehen gerade ein bisschen durch. In Zeiten von Quarantäne, Isolation und sozialer Distanzierung ist das keine große Überraschung. Was dennoch überrascht, ist die schiere Kraft, mit der manche das Rad des Irrsinns drehen. Bei mehr als 83 Millionen Einwohner*innen in einem Land ist das Potenzial hoch, dass irgendjemand etwas Schräges anstellt. Um diese Menschen und jene, die sich nicht an Gesetze halten, kümmern sich meistens Polizist*innen. Täglich beraten, verwarnen und verhaften sie. Etwa 3.700 Menschen wählen allein in Berlin jeden Tag die 110, die Notrufnummer der Einsatzleitzentrale der Polizei.

Etwa die Hälfte dieser Anrufe resultiert in sogenannten eilbedürftigen Einsätzen. Das bedeutet, das Anliegen wird direkt an einen Funkwagen weitergegeben, der dann zum Einsatzort fährt – bei Bedarf mit Blaulicht und Sirene. Die Einsätze sind mal mehr, mal weniger dramatisch. Von nervigen, aber harmlosen Nachbar*innen über Ladendiebstahl bis hin zu lebensbedrohlichen Auseinandersetzungen kann alles auf der Tagesordnung stehen. Und dann gibt es noch die Einsätze der besonderen Art. Die, welche einen tragikomischen Beigeschmack haben. Wo die vor Ort eingesetzten Polizist*innen nicht wissen, ob sie lachen, weinen oder facepalmen sollen und sich am Ende vielleicht sogar als Teilnehmer*innen bei der versteckten Kamera zu wissen glauben. Wir stellen euch drei der skurrilsten Polizeimeldungen des Monats vor.

Mittelalterliche Rache an der Ex

Stehen ein Ritter, ein Hund und ein Polizist im Garten. Was wie ein Witz beginnt, war im baden-württembergischen Kraichtal Realität. Ende März kam es dort zu einem Zwischenfall, der nicht besser in einem Drehbuch hätte stehen können. Weil ein 35-jähriger Mann zu seiner Ex wollte, sie ihn aber zuvor abgewiesen hatte, trat er ihre Haustür ein. Als er sah, dass die Ex-Freundin bereits einen neuen Partner zu Besuch hatte, begann der 35-Jährige im Garten vor dem Haus zu randalieren – und zwar nach Polizeimeldung "lautstark". Er soll geschrien und getobt haben. Dann verschwand er kurz, denn er hatte einen neuen Plan.

Kurz darauf kam er wieder – eingekleidet in einer voll ausgestatteten Ritterrüstung: Helm, Brust- und Rückenharnisch, Eisenfäustlinge (sogenannte gefingerte Hentzen), Arm- und Beinschienen, und ein Ritterschwert: 110 Zentimeter lang, zwei Kilogramm schwer. "Kein Kinderspielzeug", berichtet das zuständige Polizeipräsidium in Karlsruhe auf Anfrage von ze.tt.

Obendrein war der Ritter betrunken.

Warum der Täter diese Ausrüstung besitzt, ist unklar. Was er genau damit vorhatte, ebenso. Das Schwert stieß er durch den Glasteil der Haustür und verletzte dabei den neuen Partner der Ex-Freundin leicht an der Hand. Zu diesem Zeitpunkt traf die Polizei ein. Aber noch wollte der Ritter nicht aufgeben. Er stellte sich sich vier Beamt*innen und einem Polizeihund entgegen, drohte mit dem Schwert und ließ die Polizist*innen nicht in seine Nähe. Laut Polizei konnte der Ritter "erst nach Androhung des Schusswaffengebrauchs überwältigt werden". Obendrein war der Ritter betrunken.

Die Beamt*innen brachten den Ritter aufs Revier. Aber nur kurz, denn er behauptete nun, am Coronavirus erkrankt zu sein. Also wieder zusammengepackt, Notarzt gerufen und ab ins Krankenhaus. Alle Beamt*innen, die Kontakt mit dem 35-Jährigen hatten, mussten vorerst vom Dienst freigestellt und die Gesundheitsbehörden eingeschaltet werden. Später stellte sich heraus, dass seine Behauptung falsch war. Dem Beschuldigten werden bislang Körperverletzung und Sachbeschädigung vorgeworfen. Die Ermittlungen sind allerdings noch nicht abgeschlossen.

Die Klopapier-Wütige

Eine 54-Jährige Frau wollte sich in einem Supermarkt in Bergneustadt in Nordrhein-Westfalen mit mehreren Packungen Klopapier eindecken. Weil Klopapier aber zurzeit knappe Ware ist, sagte ihr die Kassiererin, dass sie nur eine Packung nehmen dürfe. Das war genug, um einen Wutausbruch zu provozieren. Eine Packung war der Frau eindeutig zu wenig und sie begab ich in den Sitzstreik – mitten auf dem Kassenband.

Sie wollte das Klopapier unbedingt.

Weil eine Person im wahrsten Sinne des Wortes die Supermarktkasse besetzte, musste der Verkauf an der Kasse unterbrochen werden. Die anderen Kund*innen mussten warten, doch die Frau beruhigte sich nicht. Die Angestellten beschlossen schließlich, die Polizei zu rufen. Auch ein ausgesprochener Platzverweis der Polizist*innen brachte sie nicht zur Ruhe. Sie weigerte sich weiterhin, vom Kassenband zu steigen, denn sie wollte das Klopapier unbedingt. Die Polizist*innen legten ihr schließlich Handschellen an.

Doch auch dagegen wehrte sich die 54-Jährige. Sie brüllte, ließ sich auf den Boden fallen und lehnte es ab, ihre Füße zu benutzen. Die Polizist*innen mussten sie daraufhin zum Streifenwagen tragen. "In einer Polizeizelle hatte sie anschließend Gelegenheit, sich zu beruhigen, bevor sie wieder nach Hause entlassen wurde", heißt es in der entsprechenden Polizeimeldung. Am Ende war die Randale für die Frau umsonst. Sie ging gänzlich ohne Toilettenpapier nach Hause. Zu einer Anzeige kam es nicht. Auf Anfrage von ze.tt gaben weder der Supermarkt noch die Polizei weitere Details bekannt.

Einmal kurz die Augen ausruhen

Anfang März brach ein 39-jähriger Mann in eine Wohnung in Frankfurt ein. Er hatte vorher beobachtet, dass die Mieterin den Wohnungsschlüssel von außen an der Tür stecken ließ. Der Dieb musste also weder Tür noch Fenster beschädigen, sondern nur den Schlüssel drehen, um in die Wohnung zu gelangen.

Während er gerade dabei war, etwa 100 Euro und eine Bankkarte einzupacken, fiel sein Blick auf das Bett der 57 Jahre alten Besitzerin. Das sah anscheinend so verlockend aus, dass er es testete. Nur einmal kurz die Augen ausruhen. Diese Rast dauerte allerdings ein wenig länger, denn der 39-Jährige schlief so lange, bis die Wohnungsbesitzerin zurückkam. Er wachte auch nicht auf,  als sie in das Zimmer spazierte, ihn in ihrem Bett fand vor Schreck aufschrie. Die Frau rief die Polizei und wartete; der Mann schlief weiter. Erst die zwei Beamt*innen weckten den Dieb – und legten ihm direkt Handschellen an.

Als sie ihn durchsuchten und ihm die gestohlenen Gegenstände aus den Taschen zogen, fiel ihnen auf, dass er die Jeans der Mieterin trug.

Die Polizist*innen beschreiben den Mann als verwahrlost. Er behauptete mehrfach, dass er auf Drogenentzug sei und sich an keine Tat erinnern könne. Als sie ihn durchsuchten und ihm die gestohlenen Gegenstände aus den Taschen zogen, fiel ihnen auf, dass er die Jeans der Mieterin trug. Sie fanden auch einige zerplatzte, rohe Eier in der Wohnung. "Das legt den Verdacht nahe, dass der Dieb diese augenscheinlich wahllos in der Wohnung umher geworfen hatte. Gründe hierfür konnte oder wollte er nicht nennen", sagt ein Sprecher des Polizeipräsidiums Frankfurt am Main zu ze.tt

Auch warum er die Jeans der Mieterin trug, ob er sie verkaufen oder behalten wollte, ist nicht bekannt. Den Polizeibeamt*innen fiel es nur auf, weil die saubere Hose nicht zum Rest seiner Erscheinung passte und zudem einige Nummern zu groß war. Seine eigene Hose lag noch immer in der Wohnung. Auf die Frage, warum er sich in das fremde Bett gelegt habe, antwortete er, dass er wegen eines Drogenentzugs so müde gewesen sei, dass er sich habe hinlegen müssen. Der Mann verhielt sich laut Polizeiangaben kooperativ und war in keiner Weise bedrohlich oder aggressiv.