65,3 Millionen Menschen wurden im vergangenen Jahr gewaltsam aus ihrer Heimat vertrieben. Würden diese Menschen eine Nation bilden, läge sie auf Rang 23 der größten Staaten der Erde, knapp hinter Frankreich, aber noch vor dem Vereinigten Königreich und Italien. Angesichts dieser Zahlen hat sich das Internationale Olympische Komitee entschlossen, ein außergewöhnliches Team zu den Spielen in Rio zuzulassen: die Refugee Olympic Athletes, die Mannschaft der Geflüchteten.

Unter den zehn Athlet*innen ist auch eine, die in Deutschland Zuflucht gefunden hat: Yusra Mardini. Nach den Regeln des Sports dürfte die 18-jährige Schwimmerin gar nicht dabei sein. 2:11 Minuten braucht sie über 200 Meter Freistil. Die Olympia-Norm liegt bei 2:03 Minuten. Aber das wird irrelevant, wenn man bedenkt, was hinter ihr liegt.

Im vergangenen Jahr floh sie aus Damaskus. Mitten in der Ägäis fiel der Motor ihres Schlauchbootes aus, Yusra und ihre Schwester sprangen ins Wasser und zogen das Boot an Land. Trotz dieser furchtbaren Erfahrung fing Yusra bald wieder an zu trainieren, als sie nach Deutschland kam. Schon in Syrien war sie in der Nationalmannschaft gewesen.

Der Medienrummel um sie ist riesig. Ihr Trainer Sven Spannekrebs von den Wasserfreunden Spandau erzählt, er habe mehrere hundert Absagen schreiben müssen, an das "Time"-Magazin oder den US-Sender HBO zum Beispiel. Sogar aus Hollywood kamen Anfragen, um ihr Leben zu verfilmen.

Erstmal aber geht für Yusra ein Traum in Erfüllung: Sie ist bei Olympia dabei, wird bei der Eröffnungsfeier vor dem Gastgeber-Land Brasilien einlaufen. Was dann in ihrem Kopf vorgehen wird? "Ich glaube, ich werde an meine Familie denken", sagt sie. "Und an meinen Trainer, meine Freunde, an alle, die mir geholfen haben. Dass ich stolz darauf bin, was ich geschafft habe. Und ich glaube, ich werde weinen."

Das sind die Wettkampftermine von Yusra Mardini:
Samstag, 6. August 2016: 100 Meter Schmetterling
Mittwoch, 10. August 2016, 100 Meter Freistil