Um Marie Kondo kommt spätestens jetzt niemand mehr herum. Sie hat in ihrer Funktion als Ordnungsexpertin nicht nur unzählige Heimstätten ausgemistet und schon vor Jahren erfolgreiche Bestseller geschrieben – sie hat seit Kurzem auch eine viel beachtete Show auf Netflix, in der sie Menschen dazu bringt, ihren Besitz zu sortieren.

Kondos Ansatz: Alle Gegenstände, die dich bei Berührung nicht mit Freude erfüllen, müssen weg. Weil dazu auch Bücher gehören, gab’s einen regelrechten Leseratten-Shitstorm. Zu unrecht, wie Margaret Dilloway in einem aufschlussreichen Artikel schreibt.

Sparkt es Joy oder kann das weg?

Die Konmari-Methode kann dabei helfen, Überblick ins heimische Chaos zu bekommen und unnötigen Konsum einzuschränken – da das Prinzip jedoch eher einer Philosophie ähnelt, lässt es sich auch auf den Job übertragen. Zumindest teilweise.

Logischerweise ist das Entrümpeln im Job ungleich schwieriger – einfach, weil es dort weniger Autonomie gibt als daheim. Kolleg*innen, Umgebung, Vorgesetzte kann sich niemand aussuchen und im Gegensatz zur heimischen Abstellkammer-Apokalypse auch nicht oder nur eingeschränkt selbst beeinflussen. Doch es gibt da durchaus ein paar Ansätze, die du dir bei Marie Kondo für den Job abgucken kannst.

Ohne Respekt läuft nichts

Bevor Marie Kondo mit ihren Klient*innen den Prozess startet, nimmt sie sich einen Moment Zeit, das Haus zu begrüßen. Außerdem rät sie dazu, sich bei aussortierten Gegenständen zum Abschied zu bedanken. Was auf viele Menschen esoterisch-verschroben wirken kann, basiert im Grunde auf dem japanischen Shintoismus. In dieser Religion geht es, sehr verkürzt gesagt, unter anderem darum, dass Gottheiten die Form von Menschen, Tieren und auch Gegenständen annehmen können.

Auf der Meta-Ebene bedeutet das nichts anderes als achtsamen und rücksichtsvollen Umgang mit der gesamten Umwelt. Das fängt im Job bei Kleinigkeiten an wie Kaffeewasser in der Maschine nachfüllen, schmutzige Becher wegräumen und Ausdrucke nicht liegen lassen, erstreckt sich aber auch auf den zwischenmenschlichen Umgang mit Vorgesetzten und Kolleg*innen.

Aufmerksam und freundlich sein, öfter mal Danke sagen – ja, auch bei den Stinkstiefeln – zahlt sich aus und steckt an. Und wer seinen Arbeitstag mit einer achtsamen Minute für sich selbst beginnt, startet erfahrungsgemäß auch ein bisschen fokussierter in den Tag.

Ordnung ist der halbe Job

Ein aufgeräumter Schreibtisch ist eine gute Sache, das hatten wir ja schon geklärt. Denn wer sich konzentrieren muss, braucht Übersicht und Klarheit. Nicht nur die Oberfläche, auch Schränke und Schubladen sollten übersichtlich geordnet, Materialien wie Notizblöcke oder Stifte gut auffindbar und leicht erreichbar sein. Das spart Zeit und Nerven; wer jederzeit weiß, wo alles ist, gewinnt ein Stück weit innere Ruhe.

Damit ist es aber nicht getan, wie die Düsseldorfer Ordnungsexpertin Ursula Kittner erklärt: "Es ist wichtig zu analysieren, warum die Unordnung entstanden ist und eine Strategie zu entwickeln, wie nach und nach Ordnung und Struktur geschaffen werden können." Nur so lassen sich Rückfälle in alte Chaosmuster vermeiden.

Feucht durchwischen im Digitalbereich

Ordnung im Job endet aber natürlich längst nicht an der Schreibtischkante. Ein guter Ansatz fürs weitere Ausmisten im Job ist ja immer das E-Mail-Postfach. Was auf den ersten Blick als schier unbezwingbare Aufgabe erscheinen mag, wird in Häppchen machbarer. Pro-Tipp: Jeden Tag einen festen Zeitraum fürs Sortieren von E-Mails festlegen. Das können fünf, fünfzehn oder dreißig Minuten sein, völlig egal. Hauptsache, der Anfang ist gemacht.

Wer mit Unterordnern arbeitet, sollte auch die mit ins digitale Entrümpeln einbeziehen. Und sich vor jedem händischen Verschieben einer E-Mail zwei Sekunden Zeit nehmen, um sich zu fragen: Brauche ich diese E-Mail wirklich noch oder verschiebe ich sie bloß kopflos vom Posteingang woanders hin? Marie Kondo arbeitet bei Dokumenten und Unterlagen mit drei Kategorien: Was ist aktuell wichtig, was ist noch in der Schwebe, und was muss langfristig aufbewahrt werden. Diese Einteilung lässt sich gut im Job umsetzen, auch bei E-Mails und Cloud-Speichern.

Passen die Aufgaben noch oder lieber eine Nummer größer?

Blitzeblanker Schreibtisch, sortierte Schubladen, leeres E-Mail-Postfach – all das erzeugt Raum und Kapazitäten für das nächste Level: die Aufgaben. Ist der Job noch der richtige oder ist gegebenenfalls eine kleine Kurskorrektur nötig?

Ein Job darf Spaß machen, Aufgaben dürfen Joy sparken. Natürlich wird es immer Tätigkeiten geben, die das nicht tun und sich dennoch nicht vermeiden lassen. Aber der grundsätzliche Job sollte und darf Freude bringen, das Gesamtpaket stimmen. Gibt es vielleicht ein besonders spannendes Projekt, das mal angegangen werden könnte? Und welche Gegenstände können dabei nützlich sein oder inspirieren?

Und ja, dieser Ausmistprozess im Job à la Marie Kondo kann durchaus mehrere Monate dauern, das ist okay. Er wird auch für jede*n anders aussehen und verlaufen. Wichtig ist nur, nicht alles auf einmal anzugehen, sondern alles gut einzuteilen. Sich gründlich zu hinterfragen, rücksichtsvoll und achtsam mit sich, seinen Fähigkeiten und Bedürfnissen, der Umwelt und den Mitmenschen umzugehen, lohnt sich immer. Auch, wenn du deine*n Chef*in nicht aussortieren kannst.

Außerdem auf ze.tt: Das sind die wohl schlimmsten Stockfotos von eurem Job