Tausende Rechte demonstrierten am Montag in Chemnitz. Einige zeigten Hitlergrüße und warfen Flaschen oder Böller. Dabei waren sie weitgehend ungehindert.

In Chemnitz versammelten sich am Montagabend mindestens 6.000 Rechte, darunter Rechtsextreme und Neonazis, für eine Demonstration. Beim mehrstündigen Zug durch die Stadt kam es am späten Abend immer wieder zu Ausschreitungen zwischen Rechten und den rund 1.500 Gegenprotestierenden aus Zivilgesellschaft und linken Gruppen. Dabei wurden laut Polizei mehrere Menschen verletzt.

Videos in sozialen Netzwerken zeigen, wie Rechte versuchen, Polizeiblockaden zu durchbrechen, Flaschen oder Böller werfen und Gegendemonstrant*innen bedrängen. Auch Journalist*innen wurden bedroht. Unser Fotograf Michael Trammer, der vor Ort war, berichtet von Drohungen gegenüber Medienvertreter*innen. Ihm selbst wurde etwa mit erhobenen Fäusten gedroht: "Nimm jetzt die scheiß Kamera runter!", berichtet er ze.tt.

Der rechten Demo vorausgegangen waren unter anderem Aufrufe des rechten Bündnisses Pro Chemnitz und der neonazistischen Partei Der III. Weg. Auch Mitglieder der rechtspopulistischen AfD riefen auf, sich an Protesten zu beteiligen, darunter Alice Weidel, Fraktionsvorsitzende im Bundestag.

Die Chemnitzer Polizei unterschätzte die Lage

Die Situation in Chemnitz zeigte nicht nur, wie gewaltbereit die rechte Szene ist, sondern auch wie diese binnen weniger Stunden Tausende Menschen mobilisieren kann. Die Polizei hatte laut Einschätzung der meisten Reporter*innen vor Ort große Mühe, das Geschehen unter Kontrolle zu halten. Ein Sprecher der Chemnitzer Polizei bestätigte gegenüber unserem Fotografen: Mit einer derart großen Teilnehmer*innenzahl hätte man nicht gerechnet. Sie war offenbar in der Unterzahl.

Wir haben die Lage unterschätzt”

Bereits vorher war befürchtet worden, dass der rechte Demonstrationszug ungestört von der Polizei durch die Stadt ziehen könne. Tatsächlich gab es einige Hitlergrüße, die von der Polizei unbestraft blieben, wie verschiedene Aufnahmen zeigenIm Nachhinein wird nun gegen zehn Personen ermittelt.

Laut Polizei habe man sich auf eine Gewährleistung der Versammlungsfreiheit konzentriert, sowie eine "räumliche Trennung des regelrechten Mobs von der zivilgesellschaftlichen Gegenveranstaltung." Die Strategie sollte "deeskalierend" wirken. Festnahmen gab es laut Polizei keine, wie die dpa meldete.

Echtes Gedenken sieht anders aus

Vor den Ausschreitungen am Abend hatten sich die Rechten um 17 Uhr vor dem Chemnitzer Karl-Marx-Denkmal versammelt. Dort sollte auch eine Mahnwache für den am Sonntag auf dem Chemnitzer Stadtfest verstorbenen 35-Jährigen stattfinden. Zwar wurden vereinzelt Blumenkränze und Kerzen aufgestellt, Rechte streckten jedoch ihre entblößten Hintern in Richtung Gegenprotest, machten Grimassen und zeigten sich aggressiv.

Bereits am Sonntagabend waren rund 800 Personen aus dem rechtsextremen Spektrum und der Hooligan-Szene durch die Straßen in Chemnitz gezogen. Dabei kam es zu rassistisch motivierten Angriffen auf Menschen.