Der Wind peitscht, die Wellen schlagen hoch. Patrick Morgenroth sitzt am Steuerstand des Seenotrettungsbootes Hans Ingwersen und muss schwer arbeiten, um das Boot sicher durch die See zu manövrieren.

Der 27-Jährige und seine Besatzung sind auf dem Weg zu einem Einsatz: Ein Segelboot mit zwei älteren Herren an Bord ist in Schwierigkeiten, es treibt an der Steilküste entlang und braucht dringend Hilfe.

"Wir fahren bei jedem Wetter raus und helfen, so gut es geht", sagt Patrick. "Wirklich aufhalten kann uns nur schweres Eis." Und das, obwohl die Crew nichts bekommt für ihren Einsatz. Die Mitglieder der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) arbeitet ehrenamtlich. Manchmal stoße die Crew aber auch an ihre Grenzen. "Dann müssen wir uns eingestehen, dass es alleine nicht geht und rufen die Kollegen einer anderen Station zu Hilfe." Seenotrettung ist Teamarbeit.

Keine leichten Bedingungen

Die Bergung der beiden Segler stellt für die junge Besatzung eine Herausforderung dar. Der starke Seegang lässt die Schiffe sehr schwanken, alles muss schnell gehen. Schon bei der Anfahrt an das Schiff, bereiten zwei der Seenotretter die Verbindungsleinen vor. Die beiden Schiffe müssen verbunden, die Segler aufs Rettungsboot aufgenommen und das Segelschiff abgeschleppt werden.

Trotz der widrigen Wetterverhältnisse klappt alles einwandfrei. Beim ersten Versuch ist die Schleppleine übergeworfen. Die Segler steigen auf das Rettungsboot, die Retter schleppen das Segelschiff ab. Auf dem Rückweg herrscht Euphorie. Alle sind froh über den erfolgreichen Ausgang des Einsatzes. "Das schönste Erlebnis ist immer, nach einem erfolgreichen Einsatz zurückzukommen und zu wissen, dass wir helfen konnten. Das ist die größte Motivation für den nächsten Einsatz. Ein Dankeschön reicht", sagt Patrick.

Es muss in Fleisch und Blut übergehen

Die Leidenschaft für die Seenotretter begann bei dem 27-Jährigen schon im Kindesalter. "Es gibt angeblich sogar Fotos, auf denen ich auf einem Kreuzer gewickelt werde." Damals war sein Vater schon als ehrenamtlicher Retter für die DGzRS tätig. Im Jahr 2000 ging es für Patrick dann richtig los. "Ich fing mit einfachen Hilfsarbeiten an, Schiff waschen zum Beispiel", erzählt er. Das helfe dabei das Schiff kennenzulernen und ein Gefühl dafür zu bekommen. Mit 16 durfte er dann an den ersten Kontrollfahrten und Übungen teilnehmen.

Die Arbeit bei den Seenotrettern war auch ausschlaggebend für Patricks heutige Arbeit. Er ist Kapitän auf einem Crew-Transfer-Schiff zu den Windparks in Nord- und Ostsee. Wenn er nicht als Kapitän auf dem Wasser unterwegs ist, unterstützt er die Seenotretter. Jeden Samstag treffen er und andere Freiwillige sich zur Kontroll- und Übungsfahrt. "Dann trainieren wir verschiedene Einsatzarten, simulieren Schiffsprobleme. Jeder Handgriff muss in Fleisch und Blut übergehen", sagt Patrick.

800 Ehrenamtliche packen mit an

Um sich als ehrenamtlicher Seenotretter der DGzRS zu engagieren, muss man kein Seemann sein. Jeder kann helfen. "Wichtig sind Affinität zur See, Lust und Zeit." Wer eine der 54 Stationen in der Nähe hat, kann einfach zum Vormann gehen und fragen, ob Hilfe benötigt wird. Notwendig ist dafür nur die gesundheitliche Eignung. Dafür findet alle zwei Jahre ein Gesundheitscheck statt.

"Das ist das besondere: Jeder kann Seenotretter werden", auch ohne Schifffahrtserfahrung. Insgesamt 800 Ehrenamtliche haben sich der DGzRS angeschlossen und unterstützen auf dem Wasser und an Land. "Für uns ist die Öffentlichkeitsarbeit besonders wichtig. Viele Leute im Inland kennen uns nicht und wissen nicht, was wir tun. Das ist sehr schade. Bei Problemen sollen die Leute wissen, dass die Seenotretter da sind und Hilfe leisten."

Für die Patrick und die Besatzung der Hans Ingwersen ist die Tätigkeit aber mehr als einfach helfen. "Wir stecken unser gesamtes Herzblut in Geschichte. Seenotrettung ist Hilfe ohne Kompromisse."