Die Unterwasserwelt hat etwas Fantastisches an sich. Bei kompensierter Schwerkraft können wir in jede Richtung des Raums schweben. Das Licht, das durch die Wasseroberfläche bricht, zeichnet skurrile Schatten in die Tiefe. Überall gluckst, blubbert und gurgelt es, wobei es für uns Menschen aufgrund der besonderen Eigenschaften des Wasserschalls kaum möglich ist, festzustellen, aus welcher Richtung die Geräusche kommen oder wie weit sie entfernt sind.

So faszinierend die Mystik dieser fremden Welt erscheint, so wenig sind wir dafür geschaffen. Der hohe Druck, die künstliche Sauerstoffzufuhr, die veränderten Umweltbedingungen können zu zahlreichen Tauchkrankheiten führen. Eine davon ist der sogenannte Tiefenrausch (engl.: Nitrogen narcosis), die Symptome: akustische Sinnestäuschungen, metallischer Geschmack, Euphorie, Angst, Klaustrophobie, eingeschränktes Urteilsvermögen und logisches Denken. Nach Angaben der Gesellschaft für Tauch- und Überdruckmedizin sind die Anfangsstadien dieses Zustandes mit einem Alkohol- oder LSD-Rausch vergleichbar.

Tief einatmen und ... bitte!

Der Fotograf Laurent Farges ist selbst Hobbytaucher und weiß über die Gefahren des Tiefenrauschs. "Mein Kumpel liebt es, unter Wasser Grimassen zu schneiden und spielerische Dummheiten mit Luftblasen zu treiben", erzählt der 44 Jahre alte Fotograf aus Lyon. "Einmal fotografierte ich ihn dabei und als ich die Fotos hinterher sah, merkte ich, dass seine Grimassen genauso gut Symptome eines Tiefenrausches hätten sein können". So startete Farges sein Fotoprojekt Narco.

Dafür stieg er mit seinen Fotomodels in einen Swimmingpool und tauchte ab. Der Arbeitsauftrag: Imitiere deinen Tiefenrausch! Den Models stand es frei, die eigene Vorstellung eines Tiefenrauschs nachzuspielen, während Farges Porträtaufnahmen von ihnen machte. Beim echten Tauchen kann der Tiefenrausch ab einem Druck von 3,2 bar auftreten, etwa 30 Meter Tauchtiefe, und ist deshalb so gefährlich, da betroffene Taucher*innen die Symptome oft selbst gar nicht wahrnehmen.

Unterwasserfotos wie aus Science-Fiction-Filmen

Neben Fotos für seine Serie Narco lichtet Farges auch von Unterwassersportarten wie Apnoetauchen, Unterwasserhockey, Synchronschwimmen und manchmal auch Meerjungfrautauchen, sogenanntes Mermaiding, ab. Anfangs stieg er dafür noch mit Sauerstoffflaschen in die Pools. Weil ihn das schwere Equipment aber beim Fotografieren behinderte, trainierte er stattdessen seine Lungen und arbeitet seit etwa einem Jahr nur noch als Freitaucher. Mit nur einem Atemzug kann er nun in Ruhe mehrere Minuten unter Wasser fotografieren.

"Diese Sportarten sind nur wenig bekannt. Ich möchte ihre Schönheit deshalb anderen Menschen näherbringen", sagt Farges. Dass beispielsweise Synchronschwimmen nicht nur über, sonder auch unter der Wasseroberfläche äußerst kunstvoll aussehen kann, darauf brachte ihn eine befreundete Synchronschwimmerin. Sie bat den Fotografen, ihr Training zu dokumentieren. So entstand mit nur wenig Vorbereitung und ganz ohne künstliches Posieren Les turbulentes (zu deutsch: die Ausgelassenen), eine Mini-Fotoserie, die an Stunts aus den Science-Fiction-Filmen The Matrix oder Inception erinnen.

Farges betont, wie wichtig es für seinen Job sei, selbst ein guter Taucher zu sein. Gute Fotograf*innen sollten nicht einfach ins Wasser steigen und sich an der Unterwasserfotografie probieren, etwa nur, um das eigene Portfolio zu verbessern. "Man muss zu allererst ein professioneller Taucher und erst an zweiter Stelle ein guter Fotograf sein. Ich bin dafür trainiert", sagt Farges. Ansonsten könnte es schnell gefährlich werden.

Als Freitaucher begleitet Farges manchmal andere Profis bei ihren Abenteuern. So reiste er vergangenen Winter mit einer Gruppe von Apnoetaucher*innen in die französischen Alpen und stiegt mit Kamera und dickem Neoprenanzug in einen zugefrorenen Gletschersee. Dort schoss er bei eiskalten Temperaturen Fotos der Taucher*innen unter dem Eis.