Ein altes Fabrikgebäude am Stadtrand. Zwei Schatten schleichen durch die Nacht, ein Aktenkoffer wechselt den Besitzer. Plötzlich löst sich eine dritte Gestalt aus der Dunkelheit. "Schluss mit den Spielchen", sagt der Privatdetektiv mit vorgehaltener Waffe – passieren solche Szenen, wie wir sie aus Detektivserien kennen, in der Realität auch so? Voll nicht, erklärt Patrick Kurtz. Und er wird's wissen, denn der 27-Jährige ist wirklich Privatdetektiv.

Die aktive Überwältigung von Täter*innen entspricht nicht der Realität. Anstatt Gangster selbst dingfest zu machen, halten sich Patrick und seine Kolleg*innen im Hintergrund: "Wir sind passive Beobachter. Detektive beeinflussen das Geschehen nicht, sondern dokumentieren es gerichtsfest. Wir wollen gar nicht, dass man uns bemerkt", erklärt er. Was bei den Trovatos oder Privatdetektive im Einsatz passiert, sei Kokolores.

Detektiv*innen sind Einzelgänger*innen

In der Regel ermittelt Patrick auch nicht bei Verbrechen – sondern bei Vergehen. Die meisten Fälle drehen sich um das Thema Betrug. "Zum Beispiel beauftragen uns Unternehmen, wenn sich ein Mitarbeiter auffällig oft krankmeldet. Wir finden dann heraus, ob er für eine andere Firma arbeitet oder in Urlaub fährt – statt krank zu Hause zu sein." In der Regel landen die Streitigkeiten selten vor Gericht: "Dass der Betrug strafrechtlich verfolgt wird, ist nur in 'nem geringen Teil der Fälle so. Und wenn es zum Streit kommt, dann eher vorm Arbeits- statt vorm Strafgericht." Meistens könnten sich die beiden Parteien aber auch ohne einen Richter einigen.

Ein anderer Mythos über Privatdetektiv*innen trifft dagegen zu: "Die Ein-Mann-Detekteien, die man aus Filmen kennt, entsprechen tatsächlich der Wahrheit", erklärt Patrick. "Eine Detektei, die viele Festangestellte hat, ist sehr selten." Patrick bestätigt als Ausnahme die Regel: Er hat 2013 seine eigene Detektei gegründet, ist in ganz Deutschland und der Schweiz tätig. Er hat inzwischen fünf Festangestellte. Daneben bearbeiten über 40 selbstständige Detektiv*innen die Aufträge, die Patrick ihnen zuweist.

"Du kannst nicht in den Verkehr rasen"

Im Gespräch mit Patrick fällt auf, dass er häufig Wörter wie Observation oder Zielperson verwendet. Das sind die beiden Begriffe, um die sich der Alltag eines Detektivs hauptsächlich dreht. "Der Großteil unserer Arbeit sind Observationen", sagt Patrick. Die seien allerdings weniger spannend, als uns viele Filme glauben machen wollen: "Es kann schon sein, dass man 17 Stunden lang eine Tür anstarren muss, aus der niemand herauskommt." Geduld sei deshalb die Eigenschaft, die ein*e Detektiv*in auf jeden Fall mitbringen müsse.

Observationen müssen allerdings nicht immer öde sein. Genau das ist der Part, den Patrick am meisten an seinem Job liebt: Der Zielperson auf den Fersen zu bleiben, wenn es schwierig wird. Das heißt allerdings nicht, dass Detektiv*innen mit wild quietschenden Reifen und einer Waffe im Anschlag durch die Stadt rasen. "Das funktioniert nicht wie bei Till Schweiger, der im Tatort herumballert. Aber es macht Spaß, wenn sich die Zielperson viel bewegt, sodass man hochkonzentriert sein muss, um ihr überhaupt folgen zu können."

Das funktioniere allerdings nicht immer: "Es kann passieren, dass man den Sichtkontakt zur Zielperson verliert. Wenn sie zum Beispiel noch über die Ampel fährt, obwohl die bereits rot ist. Wenn der Gegenverkehr schon von der anderen Seite kommt, kann man natürlich nicht mehr weiterfahren", erzählt Patrick. Viele Auftraggeber*innen hätten allerdings wenig Verständnis dafür. "Sie meinen dann, dass schlecht gearbeitet wurde. Aber man kann nun mal nicht in den laufenden Verkehr reinrasen."

Schuldner*innen sind der Schrecken

Zu Patricks Auftraggeber*innen gehören neben Unternehmen auch Privatpersonen. Die Fälle sind oft so klassisch, wie man sich das vorstellt: eifersüchtige Ehepartner*in setzt die Detektiv*innen auf die bessere Hälfte an. Diese Aufträge sind oft leichter zu beackern als andere: "Die mutmaßlich betrogene Ehefrau hat natürlich jede Menge Informationen über ihren Mann. Sie könnte uns Namen, Adressen, Fahrzeugnummer liefern. So können wir planen, wann und wo eine Observation sinnvoll wäre."

Schwieriger sind dagegen solche Fälle: "Wenn Leute Geld verliehen haben und der Schuldner ist danach spurlos verschwunden – dann existieren meistens relativ wenig Informationen über den. Und wenn, dann häufig gefälschte", sagt Patrick. "Da geht es natürlich in erster Linie um Recherche: Wer ist die Person wirklich und wo hält sie sich auf?"

Betrügende Partner*innen überführen? 350 Euro, bitte

Wie teuer es für Patricks Klient*innen wird, kann man meistens nicht vorhersagen. "Es kann passieren, dass wir einen mutmaßlichen Ehebrecher observieren und der innerhalb von zwei Stunden in den Puff geht. Dann ist die Sache erledigt." Im Idealfall könne der*die Betrogene seine*n Partner*in schon mit 350 Euro überführen. "Genauso kann es sein, dass man jemanden tage- oder wochenlang beobachtet und überhaupt nichts Relevantes passiert."

Es gebe allerdings Erfahrungswerte, erklärt der Detektiv. Sehr teuer kann es zum Beispiel beim Thema Unterhalt werden: Bekommt jemand nach seiner Scheidung Unterhalt von der*dem Ex-Ehepartner*in, gilt der Anspruch nur, solange man wirklich single ist. "Deshalb verheimlichen die Leute oft eine neue Beziehung – und machen daraus ein richtiges Versteckspiel: Sie mieten zwei Wohnungen an, obwohl sie zusammen leben. Parken kilometerweit weg, damit keiner das Auto sieht. Verkleiden sich."

In solchen Fällen müssen die Detektiv*innen viel Zeit investieren. Denn sie müssen nachweisen, dass es sich wirklich um eine Beziehung handelt – und nicht nur um eine Affäre. "Das kostet dann meistens so um die 5.000 Euro", erklärt Patrick. Wem das zu teuer ist, der kann ein Maximalbudget für seinen Auftrag festlegen, das die Detektiv*innen nicht überschreiten dürfen.

Nicht nur Sherlock raucht

Denkt man an den berühmten Sherlock Holmes, gibt es noch ein Detektiv-Klischee, das auf Patrick zutrifft: Er raucht ebenfalls Pfeife. Und für Kriminalromane hat er sich sowieso schon immer begeistert. Dadurch ist er allerdings nicht auf seinen Job gekommen – sondern durch eine Anzeige. In der wurden Praktikant*innen für den Detektivberuf gesucht. Zu diesem Zeitpunkt brauchte Patrick eine neue Aufgabe: "Nach meinem Bachelor habe ich einen Studiengang ausgesucht, den ich nicht direkt im Anschluss machen konnte. Die Bewerbungsfristen lagen einfach doof. Deshalb musste ich ein Jahr überbrücken."

Also kratzte er seine letzte Kohle zusammen und machte sich auf den Weg nach Berlin, um dort einen Detektiv-Lehrgang zu machen. Er machte sich selbstständig – und wollte eigentlich auch sein Studium fortsetzen. Aber irgendwann wurde das Arbeitspensum dann zu viel. Mittlerweile bleibt Patrick auch keine Zeit mehr, um selbst Observationen zu fahren. Stattdessen kümmert sich der Gründer darum, sein Unternehmen nach vorne zu bringen.