Wer eine tiefe Bindung zu jemandem aufbauen möchte, muss sich öffnen. Verbaler Striptease hält eine Beziehung am Laufen. Eine Studie der University of Arizona zeigt, dass wenn das Timing, die Themen und die Tiefe stimmen, Reden eine neue Form der Intimität schaffen kann.

Aber worüber sprechen glückliche Paare? Gerade mal zehn Prozent der Unterhaltungen gehören der Rubrik Smalltalk an. Bei weniger glücklichen Paaren sind es dreimal so viel. Das bedeutet allerdings nicht, dass Pärchen nur über ihr Verhältnis zueinander debattieren. Es kann dabei auch um Politik oder Fernsehen gehen. Wichtig ist nur, dass es sich nicht irgendwann in einem dauerhaften Blabla verläuft. Grundsätzlich sprechen Frauen allerdings viel lieber über die Beziehung als Männer es tun.

Natürlich kommen in allen Partnerschaften auch unangenehme Themen auf den Tisch. Dazu gehören Gespräche über Exbeziehungen, Geld oder die gemeinsamen Zukunftspläne. Das Wann, Wie und Wo kann darüber entscheiden, ob solche ernsten Gespräche gut ausgehen oder im Streit münden.

Wann?

Oberste Regel: Nimm dir für ernste Beziehungsgespräche Zeit. Ein Gespräch über die eigenen Wünsche und Gedanken sollte nicht in zehn Minuten abgehandelt werden und gehört sicherlich nicht zwischen zwei Termine gequetscht. Die Beteiligten sollten entspannt und auch gesprächsbereit sein. Das ist natürlich nicht immer so leicht, dank Alltag und unterschiedlichen Biorhythmen. Deshalb sollte die*der Gesprächssuchende nicht nur über seine*ihre eigenen Bedürfnisse nachdenken, sondern sich auch klar machen, wie die*der andere tickt. Es gilt das Motto: Ich kann mein Gegenüber nicht ändern, ich kann mich ihm aber anpassen.

Deshalb macht es sich gut, einen Zeitpunkt zu wählen, an dem beide geistig nicht mit anderen Dingen beschäftigt sind, wie direkt nach der Arbeit oder vor einem anderen wichtigen Termin. Nach dem Sport zum Beispiel ist der Kopf oft viel freier. Bei Männern haben die Hormone sogar noch einen besonderen Einfluss: Der Testosteronspiegel steigt nach dem Training. Dadurch werden sie fairer und sozialer. Das belegen Forschungen der Uni Zürich. Die Wissenschaftler*innen haben gezeigt: Das Männerhormon macht nicht dominant, sondern offener, gesprächsbereiter und kooperativer.

Aber auch nach dem Sex kann ein guter Zeitpunkt sein, da mit der körperlichen Intimität dann auch noch die geistige gestärkt wird. Wichtig ist nur, die Unterhaltung bis zum Schluss zu führen, sonst ist die gemütliche Stimmung im Bett erst einmal dauerhaft passé.

Wo?

Wer die Öffentlichkeit wählt, um zu reden, hat eindeutig zu viel Angst vor der Reaktion des*der anderen. Gegen einen Spaziergang im Park ist nichts einzuwenden, ein volles Café hingegen, ist dem*der Partner*in gegenüber nicht fair. "Wichtig ist es, dem anderen auch immer die Möglichkeit zu geben, sein Gesicht zu wahren und zu antworten", sagt Psychologin Prof. Dr. Anna Schoch.

So eine Antwort kann allerdings nicht frei sein, wenn gefühlt 60 Ohren um einen herum zuhören. Deshalb ist die heimische Couch wohl ein besserer Ausgangspunkt. Je gemütlicher, desto entspannter. Wie bereits erwähnt, lockert das die Zunge meist schon erheblich. Plus: Eine Studie der Harvard University zeigt, dass Leute, die weicher sitzen, oft auch versöhnlicher sind.

Wie?

Die schwerste Frage von allen. Wichtig ist: Vermeide den Satz "Wir müssen reden ...". Er versaut von Beginn an die Stimmung und verbreitet nur Panik. Wieso am Anfang des Gesprächs nicht einfach erst einmal fragen, wie es dem*der anderen geht? Erst dann weiß die*der Gesprächssuchende, worauf er*sie sich einstellen muss. Ein ausgereiftes Konzept für die Unterhaltung funktioniert nämlich sowieso nicht: "Ich halte so strukturierte Gespräche für sinnlos. Wenn ich über meine Beziehung nachdenke, und ich muss die ja ständig beobachten und mich selbst beobachten, dann brauche ich vorab keinen genauen Plan", betont Frau Prof. Dr. Schoch.

Entscheidend ist auch noch, sich selbst vollkommen auf das Gespräch einzulassen. Auch wenn diese Offenheit mich dem anderen Gegenüber verletzlich macht. Die Ärztin und Autorin Astrid Seebeger rät sogar dazu, in Gesprächen stets "schamlos neugierig" zu sein. Das bedeutet allerdings nicht, dass man dem*der anderen möglichst viele unangenehme Fragen stellt, sondern dass die*der Gesprächssuchende sich nicht davor scheut, Interesse zu bekunden und wissensdurstig ist. Erst wenn ich möglichst viele Facetten des*der anderen kenne, kann ich ihn wirklich verstehen.

Körperkontakt kann Wunder wirken. Das liegt daran, dass durch zärtliche Berührungen Anti-Stress-Hormone, wie Oxytocin und Serotonin ausgeschüttet werden. Also ruhig auch mal die Hand nehmen, selbst wenn gerade dicke Luft herrscht.

Für die Gesprächsführung gibt noch einen Trick: Die sogenannte kontrollierte Konversation. Dabei beginnt die*der Gesprächssuchende damit, der*dem Partner*in zu sagen, was sie*ihn stört. Dabei wird immer aus der Ich-Perspektive gesprochen und versucht, den Punkt nicht als Vorwurf zu formulieren. Zudem ist es wichtig, möglichst konkret zu formulieren und sich auf bestimmte Situationen zu beziehen. Verallgemeinerungen tun dem Gegenüber oft unrecht. Wenn der*die eine geendet hat, fasst das Gegenüber noch einmal zusammen, was sie*er verstanden hat. Das beugt Misskommunikation vor. Erst wenn der*die erste bestätigt hat, dass die Zusammenfassung zutrifft, darf der*die zweite dazu Stellung beziehen. Das nimmt jedem ersten Gespräch auch etwas den Druck raus. Vor allem, wenn Wut im Spiel ist. Dann ist der Adrenalinspiegel so hoch, dass er das Denken erschwert und ein sinnvolles Gespräch blockiert.

Genauso wichtig ist aber auch das Zuhören. Dazu gehören auch minutenlange Monologe. Beide müssen aussprechen können, was sie bedrückt, denn nur so können die Konflikte geklärt werden. An gemeinsamen Hürden wächst jede Partnerschaft und am Ende sollte man sich nach so einem Gespräch immer besser fühlen. Außerdem gibt es doch nichts Schöneres, als sich nach einem Streitgespräch zu versöhnen.