Jedes Jahr am 14. Juni ist Weltblutspendetag. An diesem Tag wird auf die Wichtigkeit des Blutspendens aufmerksam gemacht. In Orlando können viele schwule Männer nicht durch eine Blutspende helfen. Viele Mitglieder der queeren Community empfinden das als ungerecht und diskriminierend. Ist es das?

Schwule dürfen in Deutschland kein Blut spenden

Wer mit Männern schläft, dessen Blut ist eine potenzielle Gefahr. Das Risiko, sich mit einer schweren, durch Blut übertragbaren Infektionskrankheit – beispielsweise HIV – zu infizieren, ist bei Männern, die mit Männern schlafen (MSM) höher, als für Heteros. Homosexuelle bilden daher eine Risikogruppe, genau wie Sexarbeiter*innen, Drogenabhängige und Häftlinge. Mehr als 60% der infizierten Personen in Deutschland sind MSM. Etwa 75% der HIV-Neuinfizierungen werden bei Männern diagnostiziert, die in diese Gruppe fallen (PDF).

Daher ist es auf eine Art verständlich, dass Schwule kein Blut spenden dürfen. Auf der anderen Seite ist dieser Beschluss, der laut Transfusionsgesetz wortwörtlich "Männer, die mit Männern schlafen" ausschließt, diskriminierend. Homosexuellen Männern wird pauschal unterstellt, häufig ungeschützten Geschlechtsverkehr mit wechselnden Partnern zu haben. Wer sich so verhält, hat tatsächlich ein höheres Infektionsrisiko. Das gilt allerdings auch für Frauen und Hetero-Männer. Allen Schwulen zu unterstellen, sie wären promiskuitiv, ist, als würde Hetero-Männern pauschal unterstellt, sie gingen in den Puff.

Das Risiko, sich mit HIV zu infizieren, ist mit dem Sexualverhalten verknüpft, nicht mit der sexuellen Identität: In einer monogamen Beziehung lebende Schwule, die HIV-negativ sind, bleiben es auch. Ein dauerhafter Ausschluss ist also diskriminierend – wer kein Risikoverhalten zeigt, ist auch kein Risiko. Warum also nicht statt der sexuellen Identität mit einem Fragebogen das Sexualverhalten des*der potenziellen Spender*innen ermitteln?

Gegner behaupten, dass es viele Menschen vom Blutspenden abhalten würde, wenn sie detailliert über ihr Sexualverhalten berichten müssten. In Italien, wo Blutspender keinen Fragebogen ausfüllen, sondern sogar ein Einzelgespräch führen müssen, stiegen die Blutspenden laut n-tv allerdings um 20%.

Trotzdem bleibt ein Restrisiko. Denn die Sicherheit der Bluttransfusion steht auf zwei Säulen: Spenderauswahl und Test der Spenden. Jede Spende wird auf die wichtigsten Erreger (HIV, Hepatitis B, Hepatits C und Syphillis) getestet, es gibt aber eine Fehlerquote: Eine frische Infektion kann in der Phase des so genannten diagnostischen Fensters, in der Zeit zwischen Infektion und Blutspende, mit den heutigen Testverfahren nicht nachgewiesen werden. Das liegt daran, das die Viruskonzentration im Blut anfangs noch sehr gering ist. Dennoch, zu 99,9% sind Blutkonserven in Deutschland frei von gefährlichen Krankheitserregern.

Alternative Regelungen

In Italien, Estland, Lettland, Spanien, den Niederlanden oder Tschechien können homo- und bisexuelle Männer Blut spenden, sie werden nur temporär ausgeschlossen, wenn sie sich riskant verhalten haben. In Schweden darf Blut spenden, wer nachweislich ein Jahr lang keinen Sex hatte.

Es ist keine aus der Luft gegriffene Ungleichbehandlung, schwule Männer kein Blut spenden zu lassen und es gibt auch kein Grundrecht, Blut zu spenden. Der Ausschluss von MSM ist eine Vorsichtsmaßnahme, die die Sicherheit des Spenderempfängers vor den individuellen Wunsch der Blutspende stellt. Wenn es statt eines Dauerausschlusses jedes schwulen Mannes allerdings eine temporäre Rückstellung geben würde, wäre das weniger diskriminierend – und, wie sich traurigerweise in Orlando gerade zeigt, auch sinnvoll.